643. An Goethe

Jena, den 30. Juli 1799

Ich habe Sie am Sonnabend mit fester Zuversicht erwartet, und deßwegen auch den Philosophenklubb absagen lassen, um den ersten Abend desto ungestörter mit Ihnen zuzubringen. Desto betrübter war ich als ich aus Ihrem Brief meine Hoffnung zerrinnen und ganz in’s Unbestimmte sich wieder verlieren sah.

Mir bleibt nun nichts übrig, als mich, so lang es gehen will, in das Produciren zu werfen, weil die Mittheilung mangelt. Ich bin auch schon ganz ernstlich im zweiten Acte bei meiner königlichen Heuchlerin. Der erste ist abgeschrieben und erwartet Sie bei Ihrer Ankunft.

Sie haben wohl recht, daß man sich der theoretischen Mittheilung gegen die Menschen lieber enthalten und hervorbringen muß. Das Theoretische setzt das Praktische voraus und ist also schon ein höheres Glied in der Kette. Es scheint auch daß eine selbstständigere Imagination dazu gehört, als um die wirkliche Gegenwart eines Kunstwerks zu empfinden, bei welchem der Dichter und Künstler der trägern oder schwächern Einbildungskraft des Zuhörers und Betrachters zu Hülfe kommt, und den sinnlichen Stoff liefert.

Auch ist nicht zu läugnen, daß die Empfindung der meisten Menschen richtiger ist als ihr Raisounement. Erst mit der Reflexion fängt der Irrthum an. Ich erinnre mich auch recht gut mehrerer unserer Freunde, denen ich mich nicht schämte durch eine Arbeit zu gefallen, und mich doch sehr hüten würde ihnen Rechenschaft von ihrem Gefühl abzufordern.

Wenn dieß auch nicht wäre, wer möchte ein Werk ausstellen mit dem er zufrieden ist? Und doch kann der Künstler und Dichter dieser Neigung nicht Herr werden.

Die zwei Damen haben mich neulich wirklich besucht und für sie zu Hause gefunden. Die kleine hat eine sehr angenehme Bildung, die selbst durch ihren Fehler am Aug nicht ganz verstellt werden konnte. Sie gaben mir den Trost, daß die Furcht vor der Schnecke die alte Großmutter wohl von der Herreise abschrecken würde. Von dem eleganten Diner bei Ihnen wußten sie viel zu erzählen. Der Relation, welche Meyer von diesen Erscheinungen machen wird, seh’ ich mit Begierde entgegen.

Die Frau grüßt Sie auf’s beste. Sie ist auch in einer Krisis, auf ihre Weise, und wird mir um einige Monate zuvorkommen. Leben Sie recht wohl und möge ein guter Geist und bald zusammen führen.

Ich vergaß von den neulich überschickten Sachen zu schreiben. Das Jacobische Werk habe ich noch nicht recht betrachtet, aber das Gedicht ist lustig genug und hat scharmante Einfälle.

Sch.

H 635 | S 633 | B 636

642. An Schiller

Weimar, den 27. Juli 1799

Ich habe heute keinen Brief von Ihnen erhalten, wahrscheinlich weil Sie glauben daß ich kommen werde; ich muß aber meine alte Litanei wieder anstimmen und melden daß ich hier noch nicht loskomme. Die Geschäfte sind polypenartig; wenn man sie in hundert Stücke zerschneidet, so wird jedes einzelne wieder lebendig. Ich habe mich indessen drein ergeben und suche meine übrige Zeit so gut zu nutzen als es gehen will. Aber jede Betrachtung bestärkt mich in jenem Entschluß: bloß auf Werke, sie seyen von welcher Art sie wollen, und deren Hervorbringung meinen Geist zu richten, und aller theoretischen Mittheilung zu entsagen. Die neusten Erfahrungen haben mich auf’s neue überzeugt: daß die Menschen statt jeder Art von ächter theoretischer Einsicht, nur Redensarten haben wollen, wodurch das Wesen was sie treiben zu etwas werden kann. Einige Fremde die unsere Sammlung besuchten, die Gegenwart unserer alten Freundin, und über alles das sich neu constituirende Liebhabertheater haben mir davon schreckliche Beispiele gegeben, und die Mauer, die ich schon um meine Existenz gezogen haben, soll nun noch ein Paar Schuhe höher aufgeführt werden.

Im Innern sieht es dagegen gar nicht schlimm aus. Ich bin in allen Zweigen meiner Studien und Vorsätze um etwas Weniges vorgerückt, wodurch sich denn wenigstens das innere fortwirkende Leben manifestirt, und Sie werden mich in gutem Humor und zur Thätigkeit gestimmt wieder sehen.

Ich dachte Sie auf einen Tag zu besuchen; dadurch ist uns aber nicht geholfen; denn wir bedürfen nun schon einiger Zeit, um uns wechselseitig zu erklären und etwas zu Stande zu bringen.

Heute droht Ihnen, wie ich höre, ein Besuch der la Rocheschen Nachkommenschaft. Ich bin neugierig wie es damit abläuft. Was mich betrifft bin ich diese Tage so ziemlich in meiner Fassung geblieben; erlustigen wird Sie aber das unendliche Unglück in welches Meyer bei dieser Gelegenheit gerathen ist, indem diese seltsamen, und man darf wohl sagen unnatürlichen Erscheinungen ganz neu und frisch auf seinen reinen Sinn wirkten.

Damit ich aber dießmal nicht ganz leer erscheine, lege ich ein paar sonderbare Producte bei, davon Sie das eine wahrscheinlich mehr als das andere unterhalten wird.

Leben Sie recht wohl, gedenken mein und geben mir Nachricht von Ihrem Befinden und Thun.

G.

H 634 | S 632 | B 635

641. An Schiller

Weimar, den 24. Juli 1799

Ich kann nun hoffen daß ich bald zu Ihnen kommen werde; Sonnabend oder Sonntag wird es möglich seyn von hier abzukommen. Frau von la Roche habe ich zweimal, erst in Tieffurth, dann in Osmannstedt gesehen und sie eben gerade wie vor zwanzig Jahren gefunden. Sie gehört zu den nivellirenden Naturen, sie hebt das Gemeine herauf und zieht das Vorzügliche herunter, und richtet das Ganze alsdann mit ihrer Sauce zu beliebigem Genuß an; übrigens möchte man sagen daß ihre Unterhaltung interessante Stellen hat.

Tieck hat mit Hardenberg und Schlegel bei mir gegessen; für den ersten Anblick ist es eine recht leidliche Natur. Er sprach wenig, aber gut und hat überhaupt hier ganz wohl gefallen.

Morgen habe ich ein großes Gastmahl und dann will ich mich zur Abfahrt bereiten.

Gädike soll die zwei ersten Gesänge ehe ich weggehe erhalten; ich gehe sie nochmals durch; es ist und bleibt aber eine böse Aufgabe. Das Werk ist wie eine bronzene Statue, artig gedacht und gut modellirt, wobei aber der Guß versagt hatte. Je weiter man in der Ausführung kommt, je mehr gibt’s zu thun. Freilich hilft’s nun nichts weiter, man muß machen daß man durchkommt. Leben sie recht wohl; ich hoffe nun nicht mehr zu schreiben und freue mich von Herzen Sie und Ihre liebe Frau wieder zu sehen.

H 633 | S 631 | B 634

640. An Goethe

Jena, den 24 [23.?] Juli 1799

Ich höre daß Sie in Roßla sind, woraus ich zu meinem großen Vergnügen schließe, daß Ihre Hieherkunft nicht mehr weit entfernt ist. Es wird auch meiner Existenz einen ganz andern Schwung geben, wenn wir wieder beisammen sind, denn Sie wissen mich immer nach außen und in die Breite zu treiben; wenn ich allein bin, versinke ich in mich selbst.

Tieck aus Berlin hat Sie besucht; ich bin begierig wie Sie mit ihm zufrieden sind, da Sie ihn länger gesprochen haben. Mir hat er gar nicht übel gefallen; sein Ausdruck, ob er gleich keine große Kraft zeigt, ist sein, verständig und bedeutend, auch hat er nichts Kokettes noch Unbescheidenes. Ich hab’ ihm, da er sich einmal mit dem Don Quixote eingelassen, die spanische Literatur sehr empfohlen, die ihm einen geistreichen Stoff zuführen wird, und ihm, bei seiner eigenen Neigung zum Phantastischen und Romantischen, zuzusagen scheint. So müßte dieses angenehme Talent fruchtbar und gefällig wirken und in seiner Sphäre seyn.

Mellisch hat mir von seiner Burg einige Fragmente aus dem Piccolominis in der Allgemeinen Zeitung, in Jamben übersetzt, zugeschickt, die, wenn sie der englischen Sprache ganz gemäß sind, die Gedanken gut ausdrücken und auch das Eigenthümliche der Diction gut nachahmen. Er hat Lust das Ganze zu übersetzen, wenn für ihn und mich der gehörige Vortheil dabei zu gewinnen ist, und hat deßwegen an Sheridan geschrieben.

Mit dem ersten Act der Maria hoffe ich zu Ende dieser Woche ganz im Reinen zu seyn. Ich sollte freilich schon weiter vorwärts gekommen seyn, aber dieser Monat war mir nicht so günstig als der vorige. Ich bin zufrieden wenn ich den dritten Act mit in die Stadt bringe.

Das Ungewitter aus Osmannstedt scheint sich zu verziehen. Wenigstens höre ich daß Anverwandte der La Roche, die hier wohnen, dorthin seyen berufen worden, um sie zu sehen.

Wenn Sie nach Weimar zurückkommen, so haben Sie doch die Güte, das was von dem Gedicht der Fräulein Imhof fertig ist, an Gädike zu geben und ihm den Almanach von 1798 und 1798 zur Norm vorzuschreiben, nur mit dem Unterschied, daß er auf jede Seite nur neun Hexameter setzt und vor jedem Gesang ein Blatt leer läßt, worauf nichts steht als der wievielte Gesang es ist. Leben Sie recht wohl; die Frau grüßt Sie auf’s allerschönste.

Sch.

H 632 | S 630 | B 633

639. An Schiller

Weimar, den 20. Juli 1799

Ich danke Ihnen daß Sie mir von der wunderlichen Schlegel’schen Production einen nähern Begriff geben; ich hörte schon viel darüber reden. Jedermann liest’s, jedermann schilt darauf, und man erfährt nicht was eigentlich damit sey. Wenn mir’s einmal in die Hände kommt will ich’s auch ansehen.

Die Greuel des Dilettantismus haben wir in diesen Tagen auch wieder erlebt, die um so schrecklicher sind, als die Leute mitunter recht artig pfuschen, sobald man einmal zugibt, daß gepfuscht werden soll. Unglaublich ist’s aber, wie durch diesen einzigen Versuch schon die ganze gesellschaftliche Unterhaltung, an der zwar überhaupt nichts zu verderben ist, eine hohle, flache und egoistische Tournüre nimmt, wie aller eigentliche Antheil am Kunstwerk durch diese leichtsinnige Reproduction aufgehoben wird.

Übrigens hat mir diese Erfahrung, so wie noch andere in andern Fächern, die Überzeugung erneuert: daß wir andern nichts thun sollten als in uns selbst zu verweilen, um irgend ein leidliches Werk nach dem andern hervorzubringen. Das übrige ist alles vom Übel.

Deßwegen gratulire ich zum ersten Act, wünsche mich bald wieder zu Ihnen, und kann die Hoffnung nicht fahren lassen, daß dieser Nachsommer auch für mich noch fruchtbar seyn werde. Leben Sie recht wohl. August hat sich sehr gefreut Carl und auch Ernsten wieder zu sehen, von denen er viel erzählt hat.

G.

H 631 | S 629 | B 632

638. An Goethe

Jena, den 19. Juli 1799

Ich habe mir vor einigen Stunden durch Schlegel’s Lucinde den Kopf so taumelig gemacht, daß es mir noch nachgeht. Sie müssen dieses Product Wunders halber doch ansehen. Es charakterisirt seinen Mann, so wie alles Darstellende, besser als alles was er sonst von sich gegeben, nur daß es ihn mehr in’s Fratzenhafte malt. Auch hier ist das ewig Formlose und Fragmentarische, und eine höchst seltsame Paarung des Nebulistischen mit dem Charakteristischen, die Sie nie für möglich gehalten hätten. Da er fühlt, wie schlecht er im Poetischen fortkommt, so hat er sich ein Ideal seiner Selbst aus der Liebe und dem Witz zusammengesetzt. Er bildet sich ein, eine heiße unendliche Liebesfähigkeit mit einem entsetzlichen Witz zu vereinigen, und nachdem er sich constituirt hat, erlaubt er sich alles, und die Frechheit erklärt er selbst für seine Göttin.

Das Werk ist übrigens nicht ganz durchzulesen, weil einem das hohle Geschwätz gar zu übel macht. Nach den Rodomontaden von Griechheit, und nach der Zeit die Schlegel auf das Studium derselben gewendet, hätte ich gehofft, doch ein klein wenig an die Simplicität und Naivetät der Alten erinnert zu werden; aber diese Schrift ist der Gipfel moderner Unform und Unnatur, man glaubt ein Gemengsel aus Woldemar, aus Sternbald, und aus einem frechen französischen Roman zu lesen.

Zum Aufsatz über den Dilettantism haben die Weimarischen Herren udn Damen gestern, wie ich höre, neuen Stoff dargereicht, da ein Privattheater dort eröffnet wurde. Man wird sich also wenig Freunde unter ihnen machen, aber die Jenenser können sich trösten, daß man eine gleiche Justiz ergehen läßt.

Von der Maria Stuart werden Sie nicht mehr als Einen Act fertig finden. Dieser Akt hat mir deßwegen viel Zeit gekostet und kostet mir noch acht Tage, weil ich den poetischen Kampf mit dem historischen Stoff darin bestehen mußte und Mühe brauchte der Phantasie eine Freiheit über die Geschichte zu verschaffen, indem ich zugleich von allem was diese Brauchbares hat Besitz zu nehmen suchte. Die folgenden Acte sollen, wie ich hoffe, schneller gehen, auch sind sie beträchtlich kleiner.

Sie brauchen also das Unglück aus Lobeda nicht? Desto schlimmer hätte ich bald gesagt. Mir ist bei dieser Nähe der betagten Freundin schlecht zu Muthe, da ich für alles was drückt und einengt gerade jetzt sehr empfindlich bin.

Beiliegendes Buch bitte ich an Vulpius abgeben zu lassen.

Leben Sie auf’s beste wohl.

Die Frau grüßt Sie. Den August haben wir gestern hier gehabt.

Sch.

H 630 | S 628 | B 631

637. An Schiller

Weimar, den 17. Juli 1799

In dem Falle, in welchem ich mich gegenwärtig befinde, ist die Überzeugung das beste, daß das was gegenwärtig geschehen muß durch meine Gegenwart gefördert wird; und wäre es auch nur Täuschung daß ich hier nöthig bin, so ist auch schon mit dieser genug gewonnen. An alles Übrige, es sey poetisch oder literarisch, naturhistorisch oder philosophisch, wird nicht gedacht, meine Hoffnung steht auf den Anfang des Augusts, wo ich Sie wieder zu sehen gedenke. Bis dahin wird auch wohl meine Roßlaer Gutssache in Ordnung seyn, denn ich habe noch die Lehn zu empfangen und was dergleichen Dinge mehr sind.

Madame la Roche ist wirklich in Osmannstedt angekommen, und da ich mich gegenwärtig im Stande der Erniedrigung befinde, so brauche ich den Beistand der Unglücksburgemeisterin nicht, um diesem Besuch gehörig zu begegnen.

Übrigens ist, wie schon gesagt, nichts Neues, Erfreuliches und Seelenerquickliches vorgekommen, und ich bin genöthigt diesen Brief abermals zu schließen, ehe er noch etwas enthält.

Leben Sie recht wohl; halten Sie sich an Ihr Geschäft und bereiten mir dadurch einen schönen Empfang. Ihrer lieben Frau viele Grüße.

G.

H 629 | S 627 | B 630

636. An Goethe

Jena, den 15. Juli 1799

Es waltet ein unholder Geist über Ihren guten Vorsätzen und Hoffnungen, für diesen Sommer, der sich, besonders nach der glücklichen Entledigung vom Musenalmanach, so gut anließ, und noch dazu läßt sich’s gewissen Leuten nicht einmal begreiflich machen, welches das Opfer ist das Sie bringen. Wenn Sie indessen nur gewiß in vierzehn Tagen loskommen und für eine längere Zeit, so ist noch immer Hoffnung, daß etwas Wesentliches noch geschehen kann.

Ihre lange Abwesenheit macht daß auch ich keine Anregung von außen erhalte und bloß in meinem Geschäft lebe. Mit den Philosophen, wie Sie wissen, kann man jetzt nur in der Karte spielen, und mit den Poeten, wie ich höre nur kegeln. Denn man sagt, daß Kotezbue, der aber jetzt abwesend ist, dieses einzige gesellschaftliche Vergnügen hier genossen habe.

Senden sie doch recht bald ein Exemplar der Propyläen nach Berlin, um dort, ehe es auf dem Weg des Buchhandels dorthin kommt, einen Rumor zu erregen. Man sollte wirklich suchen, Gegenschriften zu veranlassen, wenn sie nicht von selbst kommen; denn an der Schadenfreude faßt man die Menschen am sichersten. Es würde desßwegen auch nicht übel seyn, wenn man den Aufsatz vom Kunstsammler auch schon in der Anzeige, die man im Posselt davon macht, als etwas Polemisches darstellte.

Haben Sie denn über den Dilettantism indessen nicht weiter nachgedacht? Ich sehnte mich nach einer solchen Anregung und würde gern meine Gedanken dazu beisteuern, wenn ich den activen Zustand des gesammelten Materials vor Augen hätte. Wenn es abgeschrieben ist, und Sie es nicht brauchen, so senden Sie mir’s doch.

Sie werden vielleicht davon gehört haben, daß der hiesige Postverwalter Becker den Botenweibern ihr Postwesen legen will, und diese jetzt keine Pakete, bloß Briefe, die sich verbergen lassen, mitnehmen können. Wenn man ihnen doch ihr altes Gewerbe wieder herstellen könnte.

Dieser Becker ist ein miserabler Patron, und auch außer seinen Chikanen als Postmeister ein böses Mitglied des hiesigen gemeinen Wesens, da er allen Ordensunfug und andere Liederlichkeiten hegt.

Leben Sie recht wohl und lassen Sie uns diese paar Wochen vom Juli wo möglich noch etwas vom Dilettantismus in Ordnung bringen.

Die Frau grüßt auf’s beste.

Sch.

H 628 | S 626 | B 629

635. An Schiller

Weimar, den 13. Juli 1799

Heute nur ein Wort, da es überhaupt in diesen Tagen wieder nur auf Zerstreuung angelegt ist. Durch das neue Verhältniß, in das wir gekommen sind, wird es nöthig den Schloßbau zu betreiben. Um den ersten Anstoß zu geben und alles nach der neuen, etwas eiligeren Mensur einzuleiten, werde ich doch noch immer acht bis vierzehn Tage nöthig haben und Sie also wohl vor Anfang Augusts nicht sehen. Auch heute sage ich nur ein flüchtiges Lebewohl, um das Paket fortzubringen.

G.

H 627 | S 625 | B 628

634. An Goethe

Jena, den 12. Juli 1799

Die Vortheile, die Sie mir so freundlich bewilligen, kommen mir bei meiner kleinen Haushaltung so erquicklich und erwünscht, wie der Regen der seit vorgestern unser Thal erfreut und erfrischt hat. Auch die Facilität des Hofkammerraths erfreut mich, in so fern sie mir beweist, daß er mit meiner theatralischen Gabe nicht unzufrieden war. Daß uns ein schönes Geschenk von Silberarbeit von Seiten der regierenden Herzogin erwarte, haben wir auch schon vernommen. Die Poeten sollten immer nur durch Geschenke belohnt, nicht besoldet werden; es ist eine Verwandtschaft zwischen den glücklichen Gedanken und den Gaben des Glücks: beide fallen vom Himmel.

Ich habe die Aufsätze über Akademien und Zeichenschulen nun mit Aufmerksamkeit durchlesen und große Freude daran gehabt, ja ich konnte nicht davon wegkommen bis ich am Ende war. Außerdem daß sie so richtig gedacht und so praktisch überzeugend sind, sind sie auch äußerst anziehend geschrieben und müßten nothwendig, wenn man das Publicum nicht ganz und gar widerstreben annehmen muß, für sich allein schon die Propyläen in Aufnahme bringen. Jetzt müssen wir vorerst nur an die möglichste Verbreitung und Bekanntmachung der Propyläen denken, und es würde zu diesem Zwecke nicht übel gethan seyn einige Dutzend Exemplare an die rechten Plätze zu verschenken. Auch wollen wir, wenn Sie hieher kommen, zusammen ein halbes Dutzend Anzeigen des Journals für die öffentlichen Blätter aufsetzen; Cotta wird sie schon anzubringen wissen.

Mit meiner Arbeit geht es zwar nicht sehr schnell, aber doch seit einiger Zeit ohne Stillstand fort. Die nöthige Exposition des Prozesses und der Gerichtsform hat, außerdem daß solche Dinge mir nicht geläufig sind, auch eine Tendenz zur Trockenheit, die ich zwar überwunden zu haben hoffe, aber doch nicht ohne viel Zeit dabei zu verlieren, und zu umgehen war sie nicht. Die englische Geschichte von Rapin Thoyras, die ich seit dieser Zeit lese, hat den guten Einfluß mir das englische Locale und Wesen immer lebhaft vor der Imagination zu erhalten.

Möchten Sie nur auch blad hier seyn können. Selbst mein Garten, wo die Rosen und Lilien in der Blüthe stehen, würde Sie reizen.

Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Meyern. Von meiner Frau viel schöne Grüße.

Sch.

H 626 | S 624 | B 627

633. An Schiller

Weimar, den 10. Juli 1799

Sie haben sehr wohl gethan bei der Gelegenheit die sich zeigte einige Bedingungen zu machen, welche der sonst ökonomische Freund sowohl als ich mit Vergnügen erfüllen wird. Man ist so gewohnt die Geschenke der Musen als Himmelsgaben anzusehen, daß man glaubt der Dichter müsse sich gegen das Publicum verhalten wie die Götter gegen ihn. Übrigens habe ich Ursache zu glauben daß Sie bei dieser Gelegenheit von einer andern Seite noch was Angenehmes erfahren werden.

Wegen der Propyläen bin ich völlig Ihrer Meinung; Verfasser, Herausgeber, Verleger scheinen mir sämmtlich interessirt daß die Schrift nicht abreiße. Verminderung der Auflage, Nachlaß am Honorar, Zaudern mit den nächsten Stücken, scheint das erste zu seyn wozu man sich zu entschließen hätte, alsdann läßt sich das Weitere überlegen und ausführen. Es ist der Fall von dem verlornen Pfeil, dem man einen andern nachschießt, nur freilich kann man dem Verleger nicht zumuthen ihn allein zu riskiren.

Ich wünsche nun gar sehr bald wieder bei Ihnen zu seyn, so wie ich unserer Gegend Regen wünsche, damit mein Inneres wie das Äußere gedeihe.

Leben sie indessen recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

G.

H 625 | S 623 | B 626

632. An Schiller

Weimar, den 9. Juli 1799

Leider muß ich durch dieses Blatt anzeigen daß ich noch nicht kommen kann. Durchlaucht der Herzog glauben, daß meine Gegenwart bei’m Schloßbau nützlich seyn könne, und ich habe diesen Glauben, auch ohne eigne Überzeugung, zu verehren. Daneben gibt es denn freilich so mancherlei zu thun und zu besorgen, daß die Zeit, wo nicht angewendet, doch wenigstens verwendet werden kann. Ich trinke meine Portion Pyrmonter Brunnen und thue übrigens was so vorkommt. Möge Ihnen die Muse günstiger seyn, damit ich, wenn ich früher oder später komme, Ihre Arbeit brav vorgerückt finde. Lassen Sie mich bald von sich hören, damit ich angefrischt werde mich wenigstens schriftlich mit Ihnen zu unterhalten, wozu ich heute weder Sitz noch Stimmung finde. Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Frau.

G.

H 624 | S 622 | B 625

631. An Goethe

Jena, den 9. Juli 1799

Ohne Zweifel hat Ihnen der Hofkammerrath seine Noth geklagt, und die Bedingung notificirt, unter welcher ich ihm die Aufführung meiner Stücke zu Lauchstedt accordiren kann. Er wird nun schwerlich mehr Lust dazu haben, aber ich mußte auf diesem Äquivalent bestehen, da die Bequemlichkeit der Hallenser und Leipziger die Stücke in Lauchstedt zu sehen meiner Negotiation mit Opitz nachtheilig werden kann. Die Neugier des Publicums ist das Einzige wovon was zu hoffen ist, und wenn diese abgeleitet ist, ist auf nichts mehr zu rechnen. Übrigens bestehe ich nicht gerade auf der Einnahme für die Vorstellungen, mir ist jede Auskunft lieb, welche zugleich mit der Convenienz des Theaters und der meinen bestehen kann. Ich habe noch einen Wunsch wegen Besetzung der Thekla hinzugesetzt, den Sie ohne Zweifel gut heißen werden, und die Ansprüche die etwa eine andere daran hätte machen mögen, glaube ich dadurch entfernt zu haben.

Übrigens bin ich, seit meiner Zurückkunft von Weimar, nicht viel weiter vorgerückt; die große Hitze wirkte gleich nachtheilig auf meine Stimmung und meine Gesundheit. So viele Anstalten zu Gewittern auch am Himmel indeß gewesen, so hat uns noch kein Regen erquickt; das Gras in meinem Garten ist ganz wie verbrannt.

Ich bin begierig zu erfahren, was Sie in Absicht auf die Propyläen beschließen werden. Alles wohl erwogen und die nöthige Rücksicht auf das von Cotta zugesetzte Geld genommen, hielt ich es doch für’s beste, zu versuchen, ob man die Schrift nicht jetzt noch poussiren und dadurch die erstern Hefte zugleich flott manchen kann. Bei der gehörigen Hinsicht auf dasjenige, was das Publicum vorzüglich wünscht und sucht, sollte dieß, däucht mir, nicht fehlschlagen. Man macht für’s erste kleinere Auflagen, um die Unkosten zu vermindern, Sie lassen vielleicht von dem Preise nach, man sucht dem Journal durch Zeitungen und andere Blätter mehr Publicität zu geben. Bei der ersten Ansicht verlor ich die Hoffnung zu bald; man muß aber doch nicht zu schnell das Feld räumen. Wenn Sie etwas von dem Faust hineinrückten, so würde es viel gute Folgen haben. Gegen Ende des Jahrs, nicht früher, erschiene das fünfte Stück; zu diesem könnte ich vielleicht auch etwas aus der Maria hergeben, wodurch der darstellende Theil, der immer am meisten Liebhaber findet, ein Übergewicht bekäme. Lassen Sie uns das wohl zusammen überlegen, ein festes Beharren gewinnt endlich vielleicht doch den Prozeß. Leben Sie recht wohl. Herzliche Grüße von meiner Frau.

Sch.

H 623 | S 621 | B 624

630. An Schiller

Weimar, den 6. Juli 1799

Zwar kann ich heute noch nicht sagen, wann ich kommen werde, doch habe ich mich schon ziemlich losgemacht und hoffe nicht lange mehr zu verweilen.

Die kurzen Augenblicke unsers letzten Zusammenseyns wollte ich Ihnen mit der Geschichte nicht verderben, die Ihnen nun auch einen unangenehmen Eindruck gemacht hat. Unterdessen geht die Sache so natürlich zu, daß man sich darüber gar nicht wundern soll. Denn man sollte ja doch das Ganze, das man nicht kennt, aus den vielen integrirenden Theilen schätzen, die man kennt. Wenn wir zusammen kommen, wird sich näher überlegen lassen was zu thun ist.

Die Bücher und die Liste sollen besorgt werden. Wollten sie doch bad möglichste Wallenstein’s Lage und die Piccolomini’s an Kirms schicken. Den Wallenstein habe ich von dem Prinzen zurück erhalten. Wir wollten die Stücke gern einmal in Lauchstedt geben. Der Souffleur hat sich ad protocollum mit seinem sämtlichen Vermögen verbürgt daß er für die Stücke stehen wolle.

Bei dieser warmen Jahreszeit ist freilich Ihr Gartenhaus den Sonnenstrahlen und der heißen Luft zu sehr ausgesetzt, ich wünsche bald Regen und angenehme Kühlung, nichts aber so sehr als bald wieder in Ihrer Nähe zu seyn. Leben Sie recht wohl, und grüßen Sie Ihre liebe Fraus.

G.

H 622 | S 620 | B 623

629. An Goethe

Jena, den 5. Juli 1799

Ich fand bei meiner Ankunft in Jena einen Brief von Cotta, worin er mir seine Unruhe über einen Brief zu erkennen giebt, den er der Propyläen wegen an Sie geschrieben habe. Was er von dem Absatz des Journals schreibt, ist zum Erstaunen, und zeigt das kunsttreibende und kunstliebende Publicum in Deutschland von einer noch viel kläglichern Seite, als man bei noch so schlechten Erwartungen je hätte denken mögen. Da man keine Ursache hat, ein Mistrauen in Cotta’s Redlichkeit zu setzen, so möchte freilich an keine Fortsetzung zu denken seyn, denn der Absatz müßte dreimal stärker werden als er ist, wenn Cotta aus dem Verlust kommen sollte. Zwar ist zu hoffen, daß das neuste Stück mehr Käufer anlocken wird, aber bei der Kälte des Publicums für das bisherige, und bei der ganz unerhörten Erbärmlichkeit desselben, die sich bei dieser Gelegenheit manifestirt hat, läßt sich nicht erwarten, daß selbst dieses Stück das Ganze wird retten können, welches übrigens abzuwarten ist. Ich darf an diese Sache gar nicht denken, wenn sie mein Blut nicht in Bewegung setzen soll, denn einen so niederträchtigen Begriff hat mir noch nichts von dem deutschen Publicum gegeben. Man sollte aber von nichts mehr überrascht werden; und wenn man ruhig nachdenkt und vergleicht, so ist leider alles sehr begreiflich.

Ich kann und mag heute von nichts anderm mehr schreiben, habe auch nicht viel zu berichten. Die Hitze ist hier unerträglich und setzt mir so zu, daß ich zu jedem guten Gedanken unfähig bin, auch habe ich zwei Nächte nicht schlafen können.

Ich vergaß neulich anzufragen, an wen ich den Zettel wegen der Bücherpreise für die Auction zu senden habe, und ersuche Sie, solchen nebst den zwei Bänden von Montesquieu, die neulich zurückgeblieben, an die Behörde abgeben zu lassen. Die Preise, die ich auf dem Zettel angemerkt, sind die niedrigsten, unter denen ich die Bücher nicht lasse, doch steht es dem Besorger frei, wenn er ein vorhergegangenes Buch über dem von mir angesetzten Preis angebracht hat, eins der folgenden alsdann auch etwas wohlfeiler zu lassen, wenn nur die Summe im Ganzen herauskommt.

Morgen hoffe ich zu erfahren, wann wir Sie erwarten können. Ich sehne mich recht nach einem längern Zusammenseyn. Meyern viele Grüße. Die Frau empfiehlt sich Ihnen herzlich. Leben Sie recht wohl und heiter.

Sch.

H 621 | S 619 | B 622

628. An Schiller

Weimar, den 29. Juni 1799

Da ich die Hoffnung habe Sie morgen zu sehen, so mag Ihnen dieses Blatt auch nur einen Gruß zurückbringen. Sollten Sie sich entschließen bei uns zu bleiben, so könnte ein Bett bald aufgestellt werden, wenn Sie bei mir einkehren und die beiden Tage der königlichen Gegenwart mit uns überstehen wollten. Ich wünsche daß der Juli unsere Wünsche und Zwecke besser befriedigen möge als der abscheidende Monat, und verlange gar sehr Sie über verschiedenes zu sprechen.

Leben Sie beiderseits recht wohl.

G.

H 620 | S 618 | B 621

627. An Goethe

Jena, den 28. Juni 1799

Ich sage Ihnen für heute bloß einen freundlichen Gruß; ich habe Gesellschaft diesen Abend, auf den Sonntag sehe ich Sie vielleicht selbst. Diese Woche ist nicht viel geschehen, wiewohl sie nicht ganz ohne Frucht war. Die drei nächsten Monate sollen desto ernstlicher benutzt werden, so wie sie auch, hoffe ich, Ihnen förderlich seyn werden. Sind Sie nur erst wieder von Weimar hinweg, so wird der gute Geist über Sie kommen, wenn Sie sich auch in den dicksten Thüringerwald oder auf eine andere Wartburg zurückziehen müßten.

Leben Sie recht wohl. Von meiner Frau die schönsten Grüße an Sie.

Sch.

H 619 | S 617 | B 620

626. An Goethe

Jena,den 26. Juni 1799

Die Fahrläßigkeit meiner Botenfrau, die meinen Brief gestern liegen ließ, ist Schuld daran, daß Sie heute nichts erhielten. Eben da ich Ihren Brief erhalte, bringt man mir den meinigen zurück.

Unger hat mir heute geschrieben, aber ohne mir auf den Wink, den ich ihm wegen Ihrer Gedichtsammlung neulich gab, etwas zu antworten. Vielleicht schrieb er Ihnen selbst. Aber meinen Vorschlag, eine Sammlung deutscher Schauspiele herauszugeben, und zwar so, daß des Jahrs zehn Stücke herauskämen und über jedes eine Kritik, nimmt er mit Vergnügen an, und will hundert Carolin Honorar für diese zehn Stücke und deren Beurtheilung zahlen, wenn das Werk von uns herausgegeben würde. Wir können sehr leicht zu diesem Verdienste kommen, wenn wir das kritische Geschäft gesprächsweise unter uns abthun, in zehn bis fünfzehn Abenden ist es abgethan und für jeden sind dreihundert Thaler verdient.

Endlich habe ich auch nach langem Warten etwas von Berlin aus über den Wallenstein gehört. Er ist am 17ten Mai zum erstenmal gespielt worden, also vier Wochen später als in Weimar. Unger lobt die Aufführung so wie die Aufnahme des Stücks bei dem Publicum gar sehr. Auch hat sich schon ein Berliner Schmierer weitläufig in den Annalen der preußischen Monarchie darüber herausgelassen, das Stück zwar sehr gepriesen, aber die Stellen auch recht à la Böttiger herausgezerrt, und seinen Aufsatz damit gespickt.

Leben sie recht wohl; wir machen morgen einen Besuch bei Mellisch; Schade, daß Sie nicht auch daseyn können. Zu den optischen Beschäftigungen wünsche ich Glück. So lang Sie dafür noch etwas thun können, ist Ihre Zeit in Weimar immer wohl angewandt.

Sch.

H 618 | S 616 | B 619

625. An Schiller

Weimar, den 26. Juni 1799

Ich habe heute keinen Brief von Ihnen erhalten und mich deswegen kaum überzeugen können daß es Mittwoch sey. Möge das Hinderniß aus keiner unangenehmen Ursache entsprungen seyn! Was mich betrifft, so rege ich mich wenigstens, da ich mich nicht bewegen kann.

Ich lasse meine kleinen Gedichte zusammen schreiben, woraus ein wunderlicher Codex entstehen wird.

Ich habe bei dieser Gelegenheit Ihren Taucher wieder gelesen, der mir wieder außerordentlich wohl und, wie mich sogar dünkt, besser als jemals gefallen hat.

Die Phänomene der sogenannten Inflexion waren auch heute wieder, bei dem schönen Sonnenschein, an der Tagesordnung.

Es ist bald gesagt: man solle genau beobachten! Ich verdenke es aber keinem Menschen wenn er geschwind mit einer hypothetischen Enunciation die Erscheinungen bei Seite schafft. Ich will in gegenwärtigem Falle alles was nur an mir ist zusammennehmen und brauchen, es ist aber auch nöthig. Dagegen sehe ich wohl daß es vielleicht der letzte Knoten ist der mich bindet, durch dessen Auflösung wahrscheinlich die schönste Freiheit über das Ganze zu erringen ist.

Leben Sie recht wohl und fleißig.

G.

H 617 | S 615 | B 618

624. An Goethe

Jena, den 25. Juni 1799

Ich fürchte daß Sie es diesen paar Zeilen ansehen werden, wie penibel es mir jetzt geht.

Mein Schwager ist hier mit meiner Schwester; er ist ein fleißiger, nicht ganz ungeschickter Philister, 60 Jahre alt, aus einem kleinstädtischen Ort, durch Verhältnisse gedrückt und beschränkt, durch hypochondrische Krankheit noch mehr darniedergebeugt, sonst in neuen Sprachen und in der deutschen Sprachforschung, auch in gewissen Literaturfächern nicht unbewandert. Sie können denken wie wenig Conversationspunkte es da zwischen uns gibt, und wie übel mir bei dem wenigen zu Muthe seyn mag; das Schlimmste ist, daß ich in ihm eine nicht ganz kleine und nicht einmal verächtliche Klasse von Lesern und Urtheilern repräsentirt finde, denn er mag in Meiningen, wo er Bibliothekar ist, noch vorzüglich seyn. Diese ganz imperfectible enge Vorstellungsweise könnte einen zur Verzweiflung bringen, wenn man etwas erwartete.

Übrigens raubt mir dieser Besuch, der bis den Sonntag dauert, einen großen Theil meiner Zeit und alle gute Stimmung für den Überrest; ich muß diese Woche rein ausstreichen aus dem Leben.

Was der Sammler für eine Wirkung machen wird, bin ich in der That neugierig. Da man einmal nicht viel hoffen kann zu bauen und zu pflanzen, so ist es doch etwas, wenn man auch nur überschwemmen und niederreißen kann. Das einzige Verhältniß gegen das Publicum, das einen nicht reuen kann, ist der Krieg, und ich bin sehr dafür, daß auch der Dilettantism mit allen Waffen angegriffen wird. Eine ästhetische Einkleidung, wie etwa der Sammler, würde diesem Aufsatz freilich bei einem geistreichen Publicum den größten Eingang verschaffen, aber den Deutschen muß man die Wahrheit so derb sagen als möglich, daher ich glaube, daß man wenigstens den Ernst, auch in der äußern Einkleidung, vorherrschen lassen muß. Es fänden sich vielleicht unter Swift’s Satyren Formen, die hiezu passen, oder müßte man in Herder’s Fußstapfen treten und den Geist des Pantagruel citiren.

Wahrscheinlich bringe ich meine Gäste auf den Sonntag selbst auf die nächste Station nach Weimar, und bleibe dann wohl die zwei folgenden Tage dort, wo ich Sie, trotz des Getümmels, doch einige Stunden zu sehen hoffe. Auch ich freue mich herzlich auf unser hiesiges Zusammensein.

Die Frau grüßt Sie bestens. Leben Sie bis dahin wohl.

Sch.

H 616 | S 614 | B 617