466. An Schiller

Weimar, den 28. April 1798

Ich bin, um mit Lieutenant Wallen zu reden, so zu sagen in Verzweiflung daß Sie dießmal an unsern theatralischen Abenteuern keinen Antheil nehmen können, sowohl weil Sie einen hohen Genusses entbehren, als auch weil alles zur Sprache kommt was uns im dramatischen Fache interessiren kann, und worüber man doch nur eigentlich mit dem sich zu unterhalten im Stande ist, der das unmittelbare Anschauen davon gehabt hat.

So war gestern eine äußerst interessante Repräsentation. Pygmalion machte Anspruch an die höchste theatralische Würde und Fülle, und so wie Iffland den Wallen nimmt ist es die personificirte Weltleerheit, durch einen pudelnärrischen Humor ausgestopft und ausgestattet. Was er in beiden Rollen geleistet hat wird durch keine Worte auszudrücken seyn; doch müssen wir abwarten was Freund Böttiger leisten wird. Mündlich geht es eher an daß man darüber sich einigermaßen erkläre.

Montag wird Benjowsky seyn, Mittwoch der taube Apotheker; was er Donnerstags zum Schlusse gibt, weiß ich noch nicht. Sobald er fort ist, eile ich mein Haus zu bestellen, um wieder bald bei Ihnen zu seyn.

Für Cotta’s Erklärung danke ich, doch halte ich’s für besser, ehe man sich näher bestimmt, ein paar Bände Manuscript rein fertig zu haben. Was einen etwas mannigfaltigeren Inhalt betrifft, darüber habe ich schon selbst gedacht, es wäre eine Gelegenheit manches, wo man sonst nicht mit hin weiß, anzubringen, und was dem Buchhändler nutzt, nutzt auch in jedem Sinne dem Autor; wer gut bezahlt wird, wird viel gelesen und das sind zwei löbliche Aussichten.

Ebenso will ich meinen Faust auch fertig machen, der seiner nordischen Natur nach ein ungeheures nordisches Publikum finden muß. Freund Mayer[!] wird es auch für keinen Raub achten, zu dieser barbarischen Production Zeichnungen zu verfertigen. Wir haben den Gedanken, die Umrisse auf graubraun Papier drucken zu lassen, und sie alsdann auszutuschen, und mit dem Pinsel aufzuhöhen, eine Operation die vielleicht nirgends so gut und wohlfeil als hier gemacht werden könnte. Es sollen bald einige Versuche der Art vom Vorschein kommen.

Ich will nun auch Freund Humboldt antworten und ihn besonders ersuchen mit Brinkmann einen prosodischen Congreß über Hermann und Dorothea zu halten, so wie ich ihnen noch mehr dergleichen Fragen im allgemeinen vorzulegen gedenke.

Indem Sie nur der Ilias erwähnen fühle ich schon wieder ein unendliches Verlangen mich an jene Arbeit zu machen, von der wir schon so viel gesprochen haben. Hoffentlich gelingen mir dieses Jahr noch ein paar Gesänge, indessen muß man alle Chorizonten mit dem Fluche des Bischofs Ernulphus verfluchen, und wie die Franzosen, auf Leben und Tod, die Einheit und Untheilbarkeit des poetischen Werthes in einem feinen Herzen festhalten und vertheidigen. Leben Sie recht wohl, ich muß mich schon wieder anziehen, weil die Zeit eines musikalischen Frühstücks herannaht. Die schönen Morgen sind diesen Festen günstig, da auch der Garten von der Gesellschaft mitgenossen werden kann, denn fast ist mein Haus für den Zufluß zu klein.

Grüßen Sie Ihre liebe Frau und schicken Sie uns dieselbe wenigstens Montags.

Übrigens darf ich wohl mit einigem Triumph bemerken daß ich, als Impresar, richtig gerechnet habe. Denn ohnerachtet der erhöhten Preise ist das Haus noch immer voller als das vorigemal gewesen, so daß wir, wenn es so fortgeht, dießmal auf die sieben Vorstellungen fast so viel als auf die vorigen vierzehen einnehmen. Sollte Schröder kommen, so kann man auf’s Doppelte gehen, und selbst wenn Iffland künftig wieder kommen sollte, steigre ich wieder, denn das Geld wird immer noch wohlfeiler werden. Leben Sie nochmals recht wohl, genießen Sie der schönen Tage in der Stille, indeß ich noch acht recht unruhige auszudauern habe, unterdessen wird’s auch im Saalthale recht schön grün und wir beginnen unser altes Leben.

G.

H 460 | S 456 | B 456

465. An Goethe

Jena, den 27. April 1798

Ich sende Ihnen hier Cotta’s Antwort auf meine Anfrage wegen der zu verlegenden kleinen Abhandlungen. Es ist ihm, wie Sie sehen, zu viel daran gelegen, etwas von Ihnen zum Verlag zu bekommen, als daß er seine Desideria und Wünsche bei diesem Werke ganz offen hätte heraussagen sollen. So viel aber zeigt sich, daß er bei diesem überwiegenden kunstwissenschaftlichen Inhalt ein zu eingeschränktes Publikum fürchtet, und deßwegen einen mehr allgemeinen Inhalt wünscht. Ich kann ihm darin vom buchhändlerischen Standpunkt aus gar nicht Unrecht geben, da aber auf der andern Seite von dem Plane des Werks nicht erlassen werden kann, so wäre mein Vorschlag, ihm die Exspectanz auf Ihr nächstes poetisches Werk, etwa den Faust, zu geben, oder es ihm lieber gleich zu veraccordiren. Wenn ich bei dieser Gelegenheit einen Vorschlag zu thun hätte, so würde ich für den Bogen der theoretischen Abhandlungen, uhngefähr gedruckt wie Meisters Lehrjahre, 4 Louisd’or und für den Bogen vom Faust 8 Louisd’or zu fordern rathen. Wenn Sie aber denken, daß Unger oder Vieweg besser bezahlen, so kann Cotta es auch, und ich erwarte nur, daß Sie ein Gebot thun, so will ich es Cotta, der jetzt in Leipzig ist, sogleich melden.

Wie ich höre, so spielt Iffland heute Pygmalion. Daß er seinen Calcul auf das Publicum wohl zu machen versteht, habe ich nie gezweifelt. Er wird auch in dieser Rolle bedeutend und verständig seyn, aber ich kann darum meine Meinung nicht ändern und der Erfolg wird mich nicht widerlegen.

Mit meiner Gesundheit geht es von Tag zu Tag besser, doch habe ich noch keine Stimmung zu meiner Arbeit finden können. Dafür lese ich in diesen Tagen den Homer mit einem ganz neuen Vergnügen, wozu die Winke, die Sie mir darüber gegeben, nicht wenig beitragen. Man schwimmt ordentlich in einem poetischen Meere; aus dieser Stimmung fällt man auch in keinem einzigen Punkte und alles ist ideal bei der sinnlichsten Wahrheit. Übrigens muß einem, wenn man sich in einige Gesänge hineingelesen hat, der Gedanke an eine rhapsodische Aneinanderreihung und an einen verschiedenen Ursprung nothwendig barbarisch vorkommen: denn die herrliche Continuität und Reciprocität des Ganzen und seiner Theile ist eine seiner wirksamsten Schönheiten.

Die unterstrichene Stelle in Humboldt’s Briefe, den ich Ihnen zurücksende, ist ihm vermuthlich selbst noch nicht so recht klar gewesen, und dann scheint das Ganze mehr eine Anschauung als einen deutlichen Begriff auszusprechen. Er will, däucht mir, überhaupt nur sagen, daß das Gemeinsame, folglich Nationelle, in den Franzosen sowohl in ihren gewöhnlichen Erscheinungen, als in ihren Vorzügen und Verirrungen, eine Wirksamkeit des Verstandes und seiner Adhärenzien, nämlich des Witzes, der Beobachtung etc. sey, ohne verhältnißmäßige Mitwirkung des Ideenvermögens, und daß sie mehr physisch als moralisch rührbar seyen. Das ist keine Frage daß sie bessere Realisten als Idealisten sind, und ich nehme daraus ein siegendes Argument, daß der Realism keinen Poeten machen kann.

Leben Sie recht wohl für heute, und möchten Sie in dem Gewühl von Menschen, das Sie jetzt öfters umgibt, sich recht angenehm unterhalten.

Sch.

H 459 | S 454 | B 454

464. An Schiller

Weimar, am 25. April 1798

Ich kann Ihnen nur so viel sagen daß ich mich freue wieder einen Brief von Ihrer Hand zu sehen. Möchte sich Ihre Gesundheit doch immer zunehmend bessern.

Iffland hat seinen Essigmann fürtrefflich gespielt. Naturell, Studium, Überlegung, alte und gewohnte Übung dieser Rolle, Mäßigkeit, Mannigfaltigkeit, Lieblichkeit und Kraft war an ihm zu bewundern. Das Stück ging im ganzen nicht fließend genug, weil unsere Schauspieler es erst vor kurzem gelernt hatten und nicht einmal so gut spielten als sie fähig gewesen wären; daher ihm selbst manches verloren ging und er statt eines freien Spiels hie und da Contenance brauchte, wobei er sich aber selbst meisterlich zeigte.

Heute ist der Hausvater; was den Freitag gespielt wird wissen wir noch nicht.

Es ist wirklich der Pygmalion von Benda der noch gegeben wird; ich bin äußerst neugierig darauf. Das Stück kenn’ ich und habe es mehrmals gesehen; es ist ein sonderbares Unternehmen, indessen ist doch Iffland viel zu klug als daß er etwas wählen sollte, wo er nicht eines gewissen Effectes sicher wäre. Sie haben nächstens wieder Nachricht von mir.

G.

H 458 | S 453 | B 453

463. An Goethe

Jena, den 24. April 1798

Endlich bin ich wieder im Stande Ihnen selbst von meinem Befinden Nachricht zu geben. Vierzehn Tage war ich zu allem unfähig, weil sich der Rheumatism in den Kopf gesetzt hatte, und noch darf ich vor den nächsten acht Tagen nicht hoffen, ein Geschäft vorzunehmen. Es ist recht Schade, daß ich bei dieser Unfähigkeit zum Arbeiten nicht wenigstens von den theatralischen Unterhaltungen in W. profitiren kann; aber wenn mich auch nicht mein fortdauernder Husten in’s Haus spräche, so fehlte es mir doch gänzlich an Stimmung für irgend einen Geistesgenuß, und ich muß mich hüten, mich an ästhetische Dinge auch nur zu erinnern.

Ich wünsche Ihnen desto mehr Vergnügen an Iffland’s theatralischem Besuch. Über die Wahl der Stücke haben wir uns hier gewundert, besonders aber hat mich die Wahl des Pygmalion befremdet. Denn wenn darunter wirklich das Monodram gemeint ist, welches, däucht mir Benda componirt hat, so werden Sie mit Meyern einen merkwürdigen Beleg zu den unglücklichen Wirkungen eines verfehlten Gegenstandes erleben. Es ist mir absolut unbegreiflich, wie ein Schauspieler, auch bloß von einer ganz gemeinen Praxis, den Begriff seiner Kunst so sehr aus den Augen setzen kann, um in einer so frostigen, handlungsleeren und unnatürlichen Fratze sich vor dem Publicum abzuquälen. Dazu kommt noch, daß Iffland in seinem Leben nie eine Schwärmerei oder irgend eine exaltirte Stimmung weder zu fühlen noch darzustellen vermocht hat, und als Liebhaber immer abscheulich war.

Doch Sie werden ja sehen, und vielleicht ist auch an den Pygmalion nicht gedacht worden.

Zu den Fortschritten im Faust wünsche ich Glück. Diese theatralische Zerstreuungen sollen Sie, denk’ ich, eher darin fördern als stören. Leben Sie recht wohl. Meine Frau grüßt schönstens.

Sch.

H 457 | S 452 | B 452

462. An Schiller

Weimar, den 11. April 1798

So ungern ich von Jena abreiste, so war es doch eben die rechte Zeit. Manches was hier stockte mußte wieder in Gang gebracht werden und nun rücken sowohl allgemeine als besondere Angelegenheiten besser vorwärts.

Iffland gibt wirklich, vom 24sten an, sechs Repräsentationen. Wenn ich nicht fehl schließe, so wird der Zudrang noch lebhafter seyn als das erstemal. Schon in der Stadt haben wir mehr Fremde als damals und die Liebhaberei zum Theater ist sowohl hier als in der Nähe gewachsen.

Damit mir die nächsten vier Wochen die ich doch hier zubringen werde nicht ungenutzt verstreichen, habe ich gleich den Faust vorgenommen und finde Ihre Bemerkung richtig: daß die Stimmung des Frühlings lyrisch ist, welches mir bei dem rhapsodischen Drama sehr zu Gute kommt.

Jakobi, der an Sie geschrieben hat, ist der Sohn, der in Jena studirte; die Gedichte, die ich zurückschicke, konnte ich nicht durchlesen, ich bin ganz in entgegengesetzten Beschäftigungen und Stimmungen. Die nächsten vierzehn Tage überhaupt wird es wieder ein wenig bunt gehen. Ich setze voraus daß Sie Montag den 23sten bei uns eintreffen und das theatralische Fest mit uns celebriren werden. Sei können neben Meyern sich recht gut einquartieren. Leben Sie recht wohl.

G.

H 456 | S 451 | B 451

461. An Goethe

Jena, den 10. April 1798

An dem Amor, der hier zurückfolgt, erkennt man gleich die kräftige und solide Kunst unsers Meisters, wenn er sich nur nicht an der Spitze des kleinen Werkleins, vor dem er zu stehen kommen soll, etwas zu streng und zu ernsthaft ausnimmt. Es wird recht gut seyn, wenn Sie aus Ihrer Sammlung etwas für den Almanach wählen und Meyer es zeichnet. Ich brauche nicht zu sagen daß eine poetische Idee von der Art, wie diese mit dem Amor, die zweckmäßigste seyn wird; und weil der Almanach seines kleinen Formats und spielenden Gebrauchs wegen auch nur kleine Dimensionen erlaubt, so schien mir ein solcher Gegenstand, wo weniger auf der Ausführung als auf dem Gedanken beruht, der passendste zu seyn. Doch das ist Ihre Sache, Sie werden schon das beste erwählen.

Ich lege Ihnen hier einen Brief nebst Gedichten von einem gewissen Jakobi bei, der sich an mich um Nachrichten von Ihnen gewendet hat. Die Gedichte habe ich kaum flüchtig angesehen und weder Gutes noch Schlimmes darin bemerkt. Indessen wäre mir’s nicht unlieb, wenn ich eins davon in das letzte Horenstück brauchen könnte, da mir gerade noch soviel daran fehlt. Haben Sie die Güte mir diese Gedichte, im Fall eins davon zu brauchen wäre, morgen durch die Botenfrau wieder zu schicken, da ich es an dem nämlichen Abend noch fortbringen kann.

Wenn Sie beim Geheimerath Voigt ein gutes Wort für unsern Niethammer sprechen wollten, so würden Sie etwas Gutes befördern. Ich habe Ursache zu glauben, daß er wenig Eifer für ihn hat, ja wirklich zu wenig, und hingegen seinen unbedeutenden Rivalen begünstiget. Findet sich Gelegenheit, Schellings Sache, die bei Voigten zu liegen scheint, noch einmal in Bewegung zu bringen, so wäre es auch sehr gut für uns jenaische Philosophen, und selbst Ihnen würde es nicht unangenehm seyn, das hiesige Personal mit einem so guten Subjekt vermehrt zu haben.

Obgleich das schöne Wetter hier noch fortdauert, so hat doch die schnelle Kälte mir wieder einen heftigen Katarrh mitgebracht und mein altes Übel erneut. Die Arbeit rückt langsam fort, und ich stehe gerade an einem Punkt, wo die Stimmung alles thun muß.

Hier sagt man, daß Iffland am 24sten dieses Monats nach Weimar kommen würde, um acht Tage dort zu spielen. Da Sie bei Ihrem Hierseyn noch gar nichts davon zu wissen schienen, so kann ich es kaum glauben. Wäre es aber, so zweifelte ich sehr, daß er noch den alten Empfang finden würde, und unser würdiger gestiefelter Kater würde in einiges Gedränge kommen.

Leben Sie recht wohl. Ich höre von meinem Schwager der heute hier war, daß Thouret nun nächstens kommen wird. So ist es auch in dieser Rücksicht gut für Sie gewesen, daß Sie gerade jetzt in Weimar sind und nicht mitten in der Arbeit unterbrochen werden.

Meine Frau grüßt Sie auf’s beste. Leben Sie recht wohl.

Sch.

H 455 | S 450 | B 450

460. An Schiller

Weimer, den 7. April 1798

Hätten mich die kleinen häuslichen Geschäfte, welche jetzt nothwendig abgethan seyn wollen, nur in Ruhe gelassen, so wäre ich gewiß nicht so bald von Ihnen weggegangen, um so weniger als ich, bei Ankunft des schönen Wetters, auch eine recht gute Disposition zu meiner Arbeit fühlte. Ich habe mich nun drein ergeben und denke mich nun nach und nach hier wieder frei zu arbeiten, um desto länger das nächstemal bei Ihnen bleiben zu können.

Wir haben gewiß alle Ursache uns unsers Verhältnisses zu freuen, da wir uns nach einer so langen Entfernung nur näher fühlen und die Opposition unserer Naturen eine Wechselwirkung desto wünschenswerther macht, von der wir auch für die Zukunft das Beste hoffen können.

Was Sie von der zunehmenden Materialität unserer Freundin sagen, ist mir auch bei vielen andern Personen merkwürdig. Es scheint daß die meisten Naturen die kleine Portion der idealischen Ingredienzien durch ein falsches Streben gar bald aufzehren und dann durch ihre eigne Schwere wieder zur Erde zurückkehren.

An Ihren Wallenstein denke ich mit Vergnügen zurück, und habe die besten Hoffnungen davon. Die Anlage ist von der Art daß Sie, wenn das Ganze beisammen ist, die ideale Behandlung mit einem so ganz irdisch beschränkten Gegenstande in eine bewundernswürdige Übereinstimmung bringen werden.

Ich lege einen derben Amor, von Guttenberg, nach Meyer, bei, mit dem wir ganz wohl zufrieden sind, obgleich einiges, z. B. das Gesicht sehr verfehlt ist.

Meyer weiß nun was und wie jener arbeitet und kann sich in einer nächsten Zeichnung darnach richten. Ist es Ihnen recht, so besorgen wir gleich etwas Ähnliches für den Almanach, und wie dieses mein gewöhnlicher Siegelring ist, so nehmen wir vielleicht einen andern Stein aus meiner Sammlung.

Leben Sie recht wohl und nehmen Sie mit Ihrer lieben Frau Dank für alle Vorsorge.

Das Büchelchen soll nur das Kupfer unbeschädigt hin und wieder bringen.

G.

H 454 | S 449 | B 449

459. An Goethe

Jena, den 6. April 1798

Heute früh, oder vielmehr heute Mittag als ich aufstand und mich nach Ihnen erkundigte, fand ich unsre unglückselige C., die ich länger als ein Jahr nicht gesehen und nicht viel verbessert fand. Sie ist wo möglich noch materieller geworden und ihr gespanntes freudloses unerquickliches Daseyn hat mir keine gute Stimmung gegeben.

Ihr Aufenthalt hier kommt mir jetzt noch kürzer vor als er war. Er ging gar schnell vorüber und für eine so lange Abwesenheit war es wirklich zu wenig.

Unterdessen will ich suchen mich wieder recht in die Arbeit zu werfen, daß ich nur erst das Gedankenbild aus mir herausstelle, weil ich es dann heller anschauen kann. Ich freue mich, denken zu dürfen, daß Sie mit meinem Wallenstein im Ganzen zufrieden sind und vorzüglich darüber, daß Sie keinen Widerspruch weder mit dem Gegenstande noch mit der Kunstgattung zu der er gehört darin rügten; denn über die theatralischen Forderungen denke ich schon noch weg zu kommen, wenn die tragisch-dramatischen nur befriedigt sind.

Leben Sie wohl für heute. Meine Frau grüßt Sie bestens, und wir vermissen Sie leider sehr.

Sch.

H 453 | S 448 | B 448

458. An Schiller

[Jena, vermutlich den 4. April 1798]

Ich muß doch noch einmal wegen Schlegel’s anfragen, dessen ich schon in einem Briefe erwähnte. Haben Sie auch für die Zukunft seine Verbannung fest beschlossen, so lassen wir alles ruhen und ich werde mich darnach benehmen. Möchten sie aber vielleicht ihm einen sparsamen Zutritt gönnen, so wäre jetzt, da Tischbein Sie zu besuchen wünscht, die beste Gelegenheit und, da S. nach Ostern fortgeht, für den Sommer keine Zudringlichkeit zu befürchten. Da ich diese Personen sehen muß, und Tischbein zu besuchen nicht vermeiden kann, so wünschte ich Ihre Gesinnungen zu vernehmen, weil man von mir immer eine Mittlerschaft erwartet. Wünsche übrigens gute Fortschritte.

G.

H 437 | S 447 | B 447

457. An Goethe

[Jena, 21. März 1798]

Da ich Sie vor Abend nicht sehe, so werde ich bis dahin in meinem vierten Act suchen vorwärts zu kommen. Ich habe heute früh die Phädra des Euripides, freilich nur nach einer sehr geistleeren Übersetzung von Steinbrüchel gelesen, aber es ist mir doch unbegreiflich, wie leicht und obenhin dieser schöne Stoff behandelt worden ist.

Leben Sie recht wohl.

Sch.

H 452 | S 446 | B 446

456. An Schiller

Weimar, den 17. März 1798

Künftige Woche, denke ich, soll nicht verfließen ohne daß wir uns wieder zusammen befinden. Alle die Geschäfte auf die ich Einfluß habe sind im Gange, und werden nun wohl ihren Weg fortschreiten. Es wird mir nun ein großes Bedürfniß tausend Ideen Raum und Ordnung zu verschaffen, wozu mir nur die Jenaische absolute Stille und Ihre Nähe verhelfen kann.

Ich lege ein paar wunderliche Briefe bei, die Ihnen ein Abenteuer erzählen werden, das in unsern Tagen seltsam genug klingt. Ich kenne die Leute selbst und die Blätter bürgen schon für ihre eigne Wahrheit.

Den französischen Aufsatz über Hermann habe ich nun noch einmal, und zwar mit Ihren Augen, angesehen und ihn denn auch von der Art gefunden daß man damit nicht ganz unzufrieden seyn solle, ja es wäre ein Wunder wenn ihn ein Franzos geschrieben hätte; es ist aber ein Deutscher wie ich wohl weiß. Übrigens wird es künftig ein wunderliches Amalgam geben, da so viele Franzosen und Engländer Deutsch lernen, so vieles übersetzt wird und unsere Literatur in verschiedenen Fächern mehr Thätigkeit hat als die beiden andern.

Die armen Berner haben also eine traurige Neiderlage erlitten. Meyer fürchtet daß sich nun ein Canton so nach dem andern wird todtschlagen lassen, denn in ihrer Vorstellungsart sind sie immer noch die alten Schweizer; aber der Patriotismus so wie ein persönlich tapferes Bestreben hat sich so gut als das Pfaffthum und Aristokratismus überlebt. Wer wird der beweglichen glücklich organisirten und mit Verstand und Ernst geführten französischen Masse widerstehen! Ein Glück, daß wir in der unbeweglichen nordischen Masse stecken, gegen die man sich so leicht nicht wenden wird.

Wenn es Ihnen um Zerstreuung und um allerlei Fremdes an Planen, Aufsätzen und Einfällen zu thun ist, damit kann ich aufwarten; was ich mitbringe wird nicht viel unter einem Rieß Papier betragen.

Nach Ihrer Herreise frage ich also nicht mehr; da Sie nur ein Tag dazu verwenden wollen, so schadet es nichts, wenn ich auch schon drüben wäre. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und arbeiten Sie so fleißig als möglich seyn will.

G.

H 451 | S 445 | B 445

455. An Goethe

Jena, den 16. März 1798

Nur ein paar Worte zum Gruße. Ich habe Posttag und der Kopf ist mir sehr eingenommen.

Bei meinem besten Willen habe ich die Reise nach Weimar noch nicht wagen können, da mir nicht wohl und auch das Wetter zu rauh war. Kann ich es vor Ihrer Ankunft nicht ausführen, so werde ich es auf jeden Fall auch bei Ihrer Anwesenheit in Jena noch thun, und kann es so einrichten, daß ich vor Abend wieder hier bin, denn es liegt mir selbst zu viel daran, Meyer’s Arbeiten selbst gesehen zu haben, so lange Sie noch hier sind.

Ich hoffe Sie bringen viel Geschriebenes, Schemata und Ausarbeitungen mit, denn ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich nach einer lebendigen Communication auch über solche Gegenstände besonders, die mit meinem Geschäft nichts gemein haben, verlangt. Auch wünschte ich von Meyer’s Arbeiten bald etwas zu lesen.

Leben Sie recht wohl. Vielleicht erfahre ich morgen, wann Sie kommen.

Meine Frau grüßt Sie bestens.

Sch.

H 450 | S 444 | B 444

454. An Goethe

Jena, den 14. März 1798

Da heute noch eine Post geht, so sende die französischen Sachen gleich mit.

Der Discurs über Hermann und Dorothea gefällt mir doch gar nicht übel, und wenn ich wüßte daß er von einem recht leibhaften Franzosen herrührte, so könnte mich diese Empfänglichkeit für das Deutsche des Stoffes und das Homerische der Form erfreuen und rühren.

Mounier erscheint in seinem Briefe, so wie ich ihn erwartete, als der ruhig beschränkte und menschliche Repräsentant des gemeinen Verstandes, mit dem man, da er wirklich ohne Arges ist und das gar nicht ahnet worauf es ankommt, gar nicht hadern mag. Die Instanz am Ende, daß es ein Unglück wäre, wenn ein Dorfrichter die Moral eines Kant bekennte und darnach handelte, ist auch wirklich alles, was ich umgekehrterweise dem Mounier zur Abfertigung sagen würde.

Leben Sie recht wohl. Ich freue mich zu hören, daß Sie mit der Ansicht Ihres Kaufs so zufrieden sind, und daß Sie die Hände nun frei haben um wieder etwas für sich selbst vorzunehmen.

Mein Kommen kann ich darum nicht wohl bestimmt annonciren, weil alles von dem Schlaf der vorhergehenden Nacht abhängt. Leben Sie recht wohl.

Sch.

H 449 | S 443 | B 443

453. An Schiller

Weimar, den 14. März 1798

Es würde recht schön seyn wenn Sie diese Woche noch herüber kommen könnten, nur wünschte ich den Tag zu wissen, um mich ein wenig darauf einzurichten. Ich bin ziemlich mit allem fertig, und auch meine kleine Acquisition ziemlich im Klaren, so daß es meiner Gegenwart weiter nicht bedarf. Bei näherer Untersuchung findet sich daß ich noch einen ganz leidlichen Kauf gethan habe, ob er gleich der bisherigen Nutzung nach zu hoch schien, deßwegen Gruner auch wohl abgegangen seyn mag.

Nun habe ich aber das größte Bedürfniß wieder einmal ganz in meinem Innern zu leben und hoffe bald dazu zu gelangen.

Damit Sie sehen in welcher unmittelbaren Connexion unser liebes Weimar mit Paris steht, übersende ich Ihnen einige französische Blätter. Mir sind dergleichen salbaderische Gemeinplätze in der Natur zuwider. Die französische Sprache ist aber auch recht dazu gemacht um die Erscheinung der Erscheinungen auszudrücken; übrigens scheinen ihre Literatoren so zahm als ihre Politik gewaltsam ist.

Die Schweizer werden auf alle Fälle den Kürzern ziehen. Ich erwarte täglich daß die Franzosen Basel besetzen, denn sie haben von außen nichts mehr zu fürchten noch zu scheuen.

Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Frau.

Des Sturm von Bocksberg erinnere ich mich kaum, ich weiß nur daß mir der archivarische Aufwand darin lästig war.

G.

H 448 | S 442 | B 442

452. An Goethe

Jena, den 13. März 1978

Nachdem ich einmal ein vierzehn Tage erträglich wohl gewesen, und mir etwas Anstrengung zugemuthet, setzt sich’s mir wieder in den Kopf und macht mich unlustig und unfähig zu allem. Freilich ist das Wetter auch wieder sehr rauh geworden. Dennoch hoffe ich meine Reise zu Ihnen, wiewohl nur auf Einen Tag, noch diese Woche ausführen zu können. Meine Absicht wird erreicht seyn, wenn ich Sie und Meyer’s Arbeiten sehe und eine bestimmte Gewißheit Ihrer Hierherkunft mit zurückbringe.

Zu der Acquisition wünsche ich von Herzen Glück. Ich fühle bei meinem kleinen Besitzthum, wie viel Freude es gewährt, für sich und die Seinigen jetzt ein Stück Erde in Anspruch zu nehmen.

Ich habe einen braven Menschen für Mounier’s Institut aufgefunden, dem ich dadurch zu einer einstweilen Existenz verhelfe, während daß Mounier damit gedient seyn wird.

Man sagt hier daß die Franzosen bei Murten eine Schlappe bekommen. Es sollte mich herzlich freuen, denn auch ein kleines Glück, und gerade an diesem Ort, würde am Anfang besonders sehr gute Folgen für die Schweizer haben.

Ich habe diese Tage ein altes deutsches Ritterstück, das Sie wahrscheinlich längst vergessen haben, Fust von Stromberg wieder durchgelesen. Es läßt sich freilich sehr viel dagegen sagen, aber die Bemerkung habe ich dabei gemacht, daß der Dichter eine erstaunliche Macht über das Gemüth ausüben kann, wenn er nur recht viel Sachen und Bestimmungen in seinen Gegenstand legt. So ist dieser Fust von Stromberg zwar überladen von historischen Zügen und oft gesuchten Anspielungen, und diese Gelehrsamkeit macht das Stück schwerfällig und oft kalt; aber der Eindruck ist höchst bestimmt und nachhaltig, und der Poet erzwingt wirklich die Stimmung die er geben will. Auch ist nicht zu läugnen, daß solche Compositionen, sobald man ihnen die poetische Wirkung erläßt, eine andre allerdings sehr schätzbare leisten, denn keine noch so gut geschriebene Geschichte könnte so lebhaft und so sinnlich in jene Zeit hineinführen, als dieses Stück es thut.

Leben Sie recht wohl. Mein Kopf ist ganz wüste.

Meine Frau grüßt herzlich.

Sch.

H 447 | S 441 | B 441

451. An Schiller

Weimar, den 10. März 1798

Es fehlte nur noch daß in das zehnte Haus meines Horoscops noch einige Hufen Landes eingeschoben würden, damit meine Existenz ja noch bunter werden möchte. Und doch ist es so, ich habe das Oberroßlaer Freigut endlich doch noch erstanden, nachdem mir die bisherigen Pächter, so wie auch der Hofrath Gruner, durch zwei Jahre diese Acquisition sauer gemacht haben. Indessen bin ich mit dem Besitz und mit dem Preise noch ganz zufrieden, denn es geht jetzt mit Grund und Boden wie mit den Sibyllinischen Büchern, jedermann zaudert beim steigenden Preise während der Preis immer steigt.

Übrigens habe ich einen ganz reinen Kauf gethan, wie wohl selten geschieht, denn ich habe das Gut und die Gebäude bis auf den heutigen Tag nicht gesehen und werde es morgen zum erstenmal in Augenschein nehmen. Das was dabei zu bedenken und allenfalls zu thun ist, wird mich kaum acht Tage aufhalten. Wenn Sie uns besuchen könnten, so wäre es recht schön, doch will ich bemerken daß in der nächsten Woche die Oper den Donnerstag ist und Sonnabends ein neues Kotzebu’sches Stück zu dem ich Sie nicht einladen will. Wenn Sie sich neben Freund Meyern in dem grünen Stübchen behelfen wollen, so sind Sie mir auch herzlich willkommen, mehr Raum kann ich Ihnen dießmal nicht anbieten.

Von dem Englischen Trauerspiel habe ich nichts vernommen; es wäre auf alle Fälle gut wenn wir es erhalten könnten.

Von Ihrem Bürgerdiplom wollen wir Ihnen eine vidimirte Abschrift, mit dem Bekenntniß daß solches auf der fürstlichen Bibliothek verwahrt sey, ausfertigen lassen. Es ist recht artig daß Sie des Herzogs Gelüst nach diesem Document befriedigen. Es ist schon ein ähnliches reponirt, die Nachricht in vielen Sprachen, an alle Völker der Welt, von der herrlichen französischen Revolution.

Wenn es Ihnen möglich ist, so kommen Sie ja; denn ich wünschte sehr daß Sie die Meyer’schen Arbeiten gesehen hätten, ehe wir weiter zusammen zu leben fortfahren.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

G.

H 446 | S 440 | B 440

450. An Goethe

Jena, den 9. März 1798

Meine Frau hat sich sehr gefreut Sie neulich in Ihrem Hause zu sehen, und kann es noch nicht satt werden, Meyer’s schöne Werke zu preisen. Sie hat meine Begierde darnach auf’s neue rege gemacht, und wenn Sie binnen acht Tagen nicht sollten herkommen können, so werde ich noch einen Flug nach Weimar vornehmen.

Es ist auch mein ernstlicher Wille, wie Sie mir rathen, künftig das Theater in W. besser zu benutzen. Nur an den Anstalten zur Wohnung lag es in diesem Winter, daß ich es nicht ausgeführt habe. Für die Zukunft werde ich mich aber gewiß darauf einrichten. Wenn es auch bloß um die Musik wäre, müßte man’s schon thun, denn die Sinne werden ja sonst gar nicht auf eine ästhetische Weise berührt. Aber auch das Theater selbst wird gut auf mich wirken. In diesen letzten Monaten habe ich freilich alles Andre meinem Geschäfte nachsetzen müssen, um darin einen entscheidenden Schritt zurückzulegen. Das habe ich erreicht. Jetzt ist mein Stück im Gange, und das Schwerste ist hinter mir. Drei Viertel der ganzen Arbeit sind absolvirt.

Haben Sie noch keine Neugierde gehabt, die neue englische Tragödie von Walpole the mysterious Mother zu Gesicht zu bekommen? Sie wird als eine vollkommene Tragödie im Geschmack und Sinn des Oedipus Rex gerühmt, mit dem sie dem Inhalt nach, davon ich einen Auszug gelesen, in einer gewissen Verwandtschaft steht. Vielleicht daß von dieser materiellen Ähnlichkeit auch das ganze Urtheil herrührt. Wäre dem so, so sollte man den englischen Kunstrichtern diese Leichtsinnigkeit nicht so hingehen lassen; und in jedem Falle scheint mir’s nicht übel, ein solches vorübergehendes Interesse des Publiucms zu ergreifen, und, da einmal der Fall da ist, über das Gesetz und die Forderungen ein Wort zu sagen. Ich werde trachten das Stück zu bekommen, ob es vielleicht zu einem Raisonnement über die Gattung Anlaß geben kann.

Der Herzog, wie mir mein Schwager sagt, wünscht daß ich mein Bürgerdiplom der Bibliothek schenken möchte, wozu ich sehr gerne bereit bin. Ich will es bloß abschreiben und mir im Namen der Bibliothek attestiren lassen, daß das Original bei ihr niedergelegt ist, wenn etwa einmal eins meiner Kinder sich in Frankreich niederlassen und dieses Bürgerrecht reclamiren wollte.

Leben Sie recht wohl. Vielleicht bringt mir der morgende Botentag die erwünschte Nachricht von Ihrem baldigen Kommen. Meine Frau grüßt Sie bestens.

Sch.

H 445 | S 439 | B 439

449. An Schiller

Weimar, den 7. März 1798

Ihre liebe Frau hat uns, obgleich nur auf allzu kurze Zeit besucht, doch hat sie wenigstens einen guten Eindruck von Meyer’s Arbeiten mitgenommen, wovon sie nicht wenig Genuß haben wird, und es wäre sehr schön gewesen wenn Sie denselben theilen könnten. Überhaupt muß ich bei dieser Gelegenheit sagen daß Sie, da sich Ihr Herr Schwager nach und nach einrichten kann, doch auch für ein Quartier für den Winter besorgt seyn sollten. Denn wenn ich auch unser Theater nur nehme wie es ist, so bleibt es doch schon ein großer Genuß fast alle acht Tage eine gute Musik zu hören, denn unsere Oper ist recht artig und die Vorstellungen derselben machen oft ein artiges Ganze. Ich könnte Ihnen einen bessern, bequemern Platz verschaffen als den im Proscenio, und an der Einsamkeit zu Hause würde es Ihnen, nach dem bekannten Weimarischen Isolationssystem, nicht fehlen, und es würde gewiß für Sie von Vortheil seyn, wenn Sie die äußere Einwirkung nicht ganz ausschlößen. Was mich betrifft so werde ich, wie Sie wissen, immer in meinem Zodiak herum genöthigt und jedes Zeichen in das ich trete gibt mir neue Beschäftigung und Stimmung. Was mit mir zunächst werden wird, hoffe ich Sonnabends sagen zu können.

Ich habe den Cellini wieder vorgenommen, corrigire meine Abschrift und mache mir ein Schema zu den Noten. Dadurch setze ich mich in den Stand die kleinen historischen Aufsätze, die hierzu nöthig sind, von Zeit zu Zeit auszuarbeiten. Ich will sie hinten an’s Werk schließen, und sie nach den Materien stellen, so daß man sie auch allenfalls, wie einen kleine Aufsatz, hinter einander lesen kann. Meyer’s Arbeit über die Florentinische Kunstgeschichte rückt indessen auch vor, und eins greift in’s andere.

Eine Zeit zur Fassung und Sammlung und zur Übersicht über das Mannigfaltige was wir treiben, wünsche ich mir bald in Ihrer Nähe, sie muß mir nun nächstens werden, und sie soll uns in mehr als Einem Sinne Frucht bringen.

Zu dem endlich angelangten Coburger Rescript wünsche ich Glück. Eigentlich hat diese Expedition auch unser Herzog ausgewirkt. Coburg war wohl mit ein Dutzend Rescripten zurück, und da keine Sollicitation bei den Geheimeräthen helfen wollte, schickte endlich unser Herzog unmittelbar einen Boten auf Execution mit freundschaftlichen Empfehlungsschreiben an den Herzog und die Herzogin, wodurch denn endlich die Expeditionen flott gemacht wurden; möchte doch auch etwas Reelles für Sie dabei gewesen seyn.

Humboldt’s Brief lege ich wieder bei; sein Urtheil über das französische Theater gefällt mir recht wohl. Ich möchte diese wunderlichen Kunstproducte wohl auch einmal mit Augen sehen.

Leben Sie wohl.

G.

H 444 | S 438 | B 438

448. An Goethe

Jena, den 6. März 1798

Aus Ihren mir neu eröffneten Vorsätzen muß ich schließen, daß Sie noch eine gute Weile lang auf dem wissenschaftlichen Felde bleiben werden, welches mir für die poetische Ausübung leid thut, so sehr ich auch den Nutzen und die Nothwendigkeit davon einsehe. Ihre vielen und reichen Erfahrungen und Reflexionen über Natur und Kunst und über das dritte Idealische was beide zuletzt zusammenknüpft, müssen ausgesprochen, geordnet und festgehalten werden, es sind sonst nur Lasten die Ihnen im Wege liegen. Aber die Unternehmung wird weitläuftig werden, und aus Arbeit wird sich Arbeit erzeugen. Bis jetzt hab’ ich noch keinen klaren Begriff von den Gränzen, die Sie dem Werk setzen werden, unbeschadet seines Anspruchs auf eine gewisse umfassende Vollständigkeit: ein Anspruch der schon in Ihrer Natur liegt, wenn auch der Gegenstand ihn nicht machte. Ich erwarte daher Ihr Schema darüber mit großer Begierde. Dieses wird mir denn auch den Ort schon zeigen, wo ich mit meinen Ideen, auf eine mit dem Ganzen übereinstimmende Weise, eintreten kann. Mit Vergnügen werde ich den Antheil daran nehmen, den Sie mir bestimmen, und da es einmal ein gesellschaftlich Werk ist, so kann es recht seyn, daß auch der dritte Mann spricht. Selbst der Rigorism der darin herrschen wird, gewinnt mehr Eingang, wenn eine vielfältigere Ansicht und Einkleidung dabei ist. Immer aber wird das Werk in einer bestimmten Opposition mit dem Zeitalter bleiben; und da an eine gütliche Auskunft nicht zu denken ist, so wäre die Frage, ob man den Krieg nicht lieber decidirt erklären und durch die Schärfe des Gesetzes sowohl als der Justiz das Werk desto pikanter machen sollte. Doch darüber mündlich ein Mehreres, wenn ich erst mehr von dem Plane weiß.

Ich selbst hoffe, nach meiner jetzigen ziemlich langen poetischen Praxis, die mir viele Erfahrungen mehr verschafft hat, mit gutem Erfolg zum Raisonnement zurückzukehren.

Meine Frau spricht Sie heute, wie sie hofft, warum ich sie sehr beneide, denn ich kann wohl sagen, daß mich recht herzlich verlangt, Sie wieder von Angesicht zu sehen.

Das Rescript das mich zum Professor ordinarius macht ist endlich von Coburg angekommen, und so sehe ich mich in kurzer Zeit mit mehreren Würden bekleidet, von denen ich nur wünschte, daß sie mich wärmer hielten.

Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Meyern und schreiben Sie mir bald, daß ich Sie erwarten darf.

Sch.

H 443 | S 437 | B 437

447. An Schiller

Weimar, den 3. März 1798

Zu dem Bürgerdecrete, das Ihnen aus dem Reiche der Todten zugesendet worden, kann ich nur in sofern Glück wünschen, als es Sie noch unter den Lebendigen angetroffen hat; warten Sie ja noch eine Weile ehe Sie Ihre verewigten großen Mitbürger besuchen. Herr Campe scheint an der gefährlichsten aller Tollheiten, so wie noch mancher gute Deutsche, krank zu liegen. Leider ist dagegen so wenig als gegen eine andere Pest zu thun und zu sagen.

Das schöne Wetter ruft mich jeden Tag zu Ihnen und ich benutze mein Hiersein so gut ich kann. Ich habe die Insecten wieder vorgenommen und auch meine Mineralien geordnet. Wenn man so viel zusammenschleppt und nur eine Zeit lang ansteht das Eingebrachte einzurangiren, so weiß man bald nicht wo man sich lassen soll.

Meyer rückt mit seinen Arbeiten vor und es wird bald ein Bändchen zusammen seyn.

Nach den neusten Begebenheiten in Italien und in der Schweiz bin ich vollkommen über unsern Rückzug getröstet; auch wird es der Sache nichts schaden, wenn das was wir gesammelt fragmentarisch heraus kommt. Das Publicum nimmt so was Einzelnes immer besser auf, und einen methodischen Überblick kann man auf dem Wege immer auch einmal geben. Die Einleitung dazu wird wohl meine erste Arbeit in Jena seyn, da ich denn auch das Schema sowohl über das Theoretische als über das Erfahrungsganze, das schon entworfen ist, noch besser ausarbeiten werde.

Meine Betrachtungen über organische Naturen, so wie über die Farbenlehre, arbeiten jenen Kunstbetrachtungen entgegen und eine zweite Ausgabe des Cellini wird an Meyer’s Arbeiten über die Florentinische Kunstgeschichte mit wenigen bedeutenden Noten angeschlossen.

Da ich wohl der Einleitung die Form einiger Briefe an Sie, mein werthester Freund, geben möchte, so wäre es recht hübsch wenn Sie auch bei dieser Gelegenheit ein Wort an uns sagten, um eine Aussicht zu geben daß Sie auch mit Ihren Arbeiten künftig wohl mit uns zusammentreffen möchten. Denn da uns das Jahrhundert von außen noch manche Hindernisse in den Weg zu legen scheint, so ist es desto nöthiger von innen einstimmig und unverrückt zu wirken.

Leben Sie recht wohl und grüßen Sie Ihre liebe Frau.

G.

H 442 | S 436 | B 436