[Jena, den 2. April]
Ihre Sendung überrascht mich sehr angenehm, ich will den Gesang mit aller Aufmerksamkeit lesen und studiren.
Wallensteins Lager soll heut Abend verabfolgt werden. Ich hoffe Sie bald zu sehen und Ihnen meine Empfindungen über das gelesene mitzutheilen.
Sch.
H 595 | S 593 | B 596
Jena, den 2. April 1799
Ich schicke hier den ersten Gesang, indem ich eine kleine Pause machen will, um mich der Motive die nun zunächst zu bearbeiten sind specieller zu versichern; ich schicke das Manuscript, damit Sie es selbst lesen und ihm schärfer in’s Auge sehen. Ich habe den besten Muth zu dieser Arbeit und ersuche Sie um fortdauernden Beistand.
G.
Wallensteins Lager möchte ich heute gern nach Weimar schicken.
H 594 | S 592 | B 595
[Jena, den] 26. März 1799
Heute früh bin ich bis zur Rede der Minerva gelangt, und weil diese eigentlich den Abschnitt eröffnet, so bin ich geneigt Ihnen meine bisherige Arbeit heute vorzulegen. Ich will um halb ein Uhr kommen, noch vor Tische lesen und nach Tische der Botenexpedition wegen mich wieder empfehlen, und frage an ob Ihnen diese Einrichtung angenehm sey?
Leben Sie recht wohl. Auf Wiedersehn an dem Ufer des Hellesponts.
G.
H 593 | S 591 | B 594
Weimar, den 20. März 1799
Wir haben uns diese Tage noch viel vom Wallenstein unterhalten; Professor Meyer hat ihn auch gelesen und sich sehr daran ergötzt.
Wenn Sie etwas Neues vornehmen und zu einem selbsterfundenen Gegenstande Lust haben, so kann ich es nicht tadeln, vielmehr lehrt die Erfahrung, daß Sie sich bei einer freieren Arbeit ungleich besser befinden werden. Mich verlangt sehr zu hören wohin gegenwärtig Ihre Neigung gerichtet ist.
Von dem Imhofischen Gedicht hat mir Meyer viel Gutes gesagt. Es soll mir recht lieb seyn, wenn unsere Frauenzimmer, die so ein hübsches Talent haben, auch wirklich avanciren.
Morgen früh gehe ich bei Zeiten ab und bin zu Mittag schon bei Ihnen und will alle meine diätetischen Kräfte zusammennehmen und dießmal etwas zu liefern. Können sie sich nun auch zu einer neuen Arbeit entschließen, die ganz aus Ihnen herauskommt und so auch Ihren Neigungen wie Ihrem Talent angemessen ist, so sind wir auf den Sommer geborgen.
Das Kästchen ist glücklich angelangt. Grüßen Sie Ihre liebe Frau. Es ist mir dießmal ganz eigens wohl daß ich mit Ihnen bald wieder auf die vorbeifließende Mühllache hinaussehen soll.
G.
H 592 | S 590 | B 593
Jena, den 19. März 1799
Ich habe mich schon lange vor dem Augenblick gefürchtet, den ich so sehr wünschte, meines Werks los zu seyn; und in der That befinde ich mich bei meiner jetzigen Freiheit schlimmer als der bisherigen Sclaverei. Die Masse, die mich bisher anzog und fest hielt, ist nun auf einmal weg, und mir dünkt, als wenn ich bestimmungslos im luftleeren Raume hinge. Zugleich ist mir als wenn es absolut unmöglich wäre, daß ich wieder etwas hervorbringen könnte; ich werde nicht eher ruhig seyn, bis ich meine Gedanken wieder auf einen bestimmten Stoff mit Hoffnung und Neigung gerichtet sehe. Habe ich wieder eine Bestimmung, so werde ich diese Unruhe los seyn, die mich jetzt auch von kleineren Unternehmungen abzieht. Ich werde Ihnen, wenn Sie hier sind, einige tragische Stoffe, von freier Erfindung, vorlegen, um nicht in der ersten Instanz, in dem Gegenstande, einen Mißgriff zu thun. Neigung und Bedürfniß ziehen mich zu einem frei phantasirten, nicht historischen, und zu einem bloß leidenschaftlichen und menschlichen Stoff; denn Soldaten, Helden und Herrscher habe ich vor jetzt herzlich satt.
Wie beneide ich Sie um Ihre jetzige nächste Thätigkeit! Sie stehen auf dem reinsten und höchsten poetischen Boden, in der schönsten Welt bestimmter Gestalten, wo alles gemacht ist und alles wieder zu machen ist. Sie wohnen gleichsam im Hause der Poesie, wo Sie von Göttern bedient werden. Ich habe in diesen Tagen wieder den Homer vorgehabt und den Besuch der Thetis beim Vulkan mit unendlichem Vergnügen gelesen. In der anmuthigen Schilderung eines Hausbesuchs, wie man ihn alle Tage erfahren kann, in der Beschreibung eines handwerksmäßigen Geschäfts ist ein Unendliches in Stoff und Form enthalten, und das Naive hat den ganzen Gehalt des Göttlichen.
Daß Sie schon im Herbst die Achilleis zu vollenden hoffen, es doch wenigstens für möglich halten, ist mir bei aller Überzeugung von Ihrer raschen Ausführungsweise, davon ich selbst Zeuge war, doch etwas Unbegreifliches, besonders da Sie den April nicht einmal zu Ihrer Arbeit rechnen. In der That beklage ich’s, daß Sie diesen Monat verlieren sollen; vielleicht bleiben Sie aber in der epischen Stimmung und alsdann lassen Sie sich ja durch die Theatersorgen nicht stören. Was ich Ihnen in Absicht auf den Wallenstein dabei an Last abnehmen kann, werde ich ohnehin mit Vergnügen thun.
Dieser Tage hat mir die Imhof die zwei letzten Gesänge ihres Gedichts geschickt, die mir sehr große Freude gemacht haben. Es ist überaus zart und rein entwickelt, mit einfachen Mitteln und ungemeiner Anmuthigkeit. Wenn Sie kommen, wollen wir es zusammen besprechen.
Hier sende ich die Piccolomini’s zurück und bitte mir dafür Wallensteins Lager aus, das ich auch noch abschreiben lassen will und dann die drei Stücke zusammen endlich an Körnern senden.
Der Kasten mit Gries ist von einem Herrn Meier in Ihrem Namen abgefordert und ihm überliefert worden. Sie haben ihn doch erhalten?
Leben Sie recht wohl. Meine Frau grüßt schönstens. Morgen hoffe ich zu hören, daß wir Sie Donnerstags erwarten können.
Sch.
H 591 | S 589 | B 592
[Weimar, den 18. März 1799]
Zu dem vollendeten Werke wünsche ich von Herzen Glück; es hat mir ganz besonders genug gethan, ob ich es gleich an einem bösen zerstreuten Morgen nur gleichsam obenhin gekostet habe. Für den theatralischen Effect ist es hinreichend ausgestattet; die neuen Motive die ich noch nicht kannte, sind sehr schön und zweckmäßig.
Können Sie künftig den Piccolomini’s etwas von der Masse abnehmen so sind beide Stücke ein unschätzbares Geschenk für die deutsche Bühne, und man muß sie durch lange Jahre aufführen.
Freilich hat das letzte Stück den großen Vorzug, daß alles aufhört politisch zu seyn und bloß menschlich wird; ja das Historische selbst ist nur ein leichter Schleier wodurch das rein menschliche durchblickt. Die Wirkung auf’s Gemüth wird nicht gehindert noch gestört.
Mit dem Monolog der Prinzessin würde ich auf alle Fälle den Act schließen. Wie sie fortkommt, bleibt immer der Phantasie überlassen. Vielleicht wäre es in der Folge gut wenn der Stallmeister schon im ersten Stücke eingeführt würde.
Der Schluß des Ganzen durch die Adresse des Briefs erschreckt eigentlich, besonders in der weichen Stimmung in der man sich befindet. Der Fall ist auch wohl einzig, daß man, nachdem alles was Furcht und Mitleiden zu erregen fähig ist, erschöpft war, mit Schrecken schließen konnte.
Ich sage nichts weiter und freue mich nur auf den Zusammengenuß dieses Werks. Donnerstag hoffe ich noch abzugehen. Mittwoch Abend erfahren Sie die Gewißheit, wir wollen alsdann das Stück zusammen lesen, und ich will mich in gehöriger Fassung daran erfreuen.
Leben Sie recht wohl, ruhen Sie nun aus und lassen Sie uns auf die Feiertage beiderseits ein neues Leben beginnen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und gedenken mein.
Über die den Musen abgetrotzte Arbeit will ich noch nicht triumphiren, es ist noch die große Frage, ob sie etwas taugt; auf alle Fälle mag sie als Vorbereitung gelten.
G.
H 590 | S 588 | B 591
Jena, den 17. März 1799
Hier erfolgt nun das Werk, so weit es unter den gegenwärtigen Umständen gebracht werden konnte. Es kann ihm in einzelnen Theilen noch vielleicht an bestimmter Ausführung fehlen, aber für den theatralisch-tragischen Zweck scheint es mir ausgeführt genug. Wenn Sie davon urtheilen, daß es nun wirklich eine Tragödie ist, daß die Hauptforderungen der Empfindung erfüllt, die Hauptfragen des Verstandes und der Neugierde befriedigt, die Schicksale aufgelöst und die Einheit der Haupt-Empfindung erhalten sey, so will ich höchlich zufrieden seyn.
Ich will es auf Ihre Entscheidung ankommen lassen, ob der vierte Act mit dem Monolog der Thekla schließen soll, welches mir das liebste wäre, oder ob die völlige Auflösung dieser Episode noch die zwei kleinen Scenen, welche nachfolgen, nothwendig macht. Haben Sie die Güte, das Manuscript so zeitig zu expediren, daß ich es spätestens morgen, Montag, Abends um sieben Uhr wieder in Händen habe, und lassen auf das Couvert schreiben, wann der Bote expedirt worden.
Alles Übrige mündlich. Herzlich gratulire ich zu den Progressen in der Achilleis, die doppelt wünschenswerth sind, da Sie dabei zugleich die Erfahrung machten, wie viel Sie durch Ihren Vorsatz über Ihre Stimmung vermögen.
Die Frau grüßt auf’s beste. Wir erwarten Sie auf die Feiertage mit großem Verlangen.
Sonntag Abends.
Sch.
H 589 | S 587 | B 590
Weimar, den 16. März 1799
Recht herzlich gratulire zum Tode des theatralischen Helden! Könnte ich doch meinen epischen vor eintretendem Herbste auch das Lebenslicht ausblasen. Mit Verlangen erwarte ich die montägige Sendung und richte mich ein den grünen Donnerstag zu Ihnen zu kommen. Wenn wir alsdann auch nur acht Tage zusammen zubringen, so werden wir schon um ein gutes Theil weiter seyn. Den April müssen wir auf die Vorstellung von Wallenstein und auf die Gegenwart der Madame Unzelmann rechnen. Es wäre daher gut wenn wir den Wallenstein möglichst beschleunigen, um sowohl durch diese Tragödie als durch diese artige kleine Frau eine Folge von interessanten Vorstellungen zu geben, und die Fremden festzuhalten die sich allenfalls einfinden könnten. Leben Sie recht wohl. Von der Achilleis sind schon fünf Gesänge motivirt und von dem ersten 180 Hexameter geschrieben. Durch eine ganz besondere Resolution und Diät habe ich es gezwungen, und da es mit dem Anfange gelungen ist, so kann man für die Fortsetzung nicht bange seyn. Wenn Sie uns nur bei den Propyläen beistehen, so soll es dieses Jahr an mancherlei Gutem nicht fehlen.
G.
H 588 | S 586 | B 589
Jena, den 15. März 1799
Ich schreibe nur eine Zeile um zu bestätigen, was ich neulich versprach. Montags erhalten Sie den Wallenstein ganz. Todt ist er schon und auch parentirt, ich habe nur noch zu bessern und zu feilen.
Kommen Sie ja auf die Feiertage. Das wird mir jetzt nach dieser lastvollen Woche eine rechte Erquickung seyn.
Die Frau grüßt. Leben Sie bestens wohl.
Sch.
H 587 | S 585 | B 588
Weimar, den 13. März 1799
Es wird sehr erfreulich seyn, wenn, indem Sie Ihren Wallenstein endigen, ich den Muth in mir fühle, ein neues Werk zu unternehmen. Ich wünsche daß der Montag mir die drei letzten Acte bringen möge. Ich habe die zwei ersten bisher in mir walten lassen und finde noch immer daß Sie sich gut darstellen. Wenn man im Piccolomini beschaut und Antheil nimmt, so wird man hier unwiderstehlich fortgerissen.
Wenn ich es möglich machen kann so bringe ich die Feiertage bei Ihnen zu, besonders wenn das Wetter schön bleibt. Lassen Sie den Kasten mit Gries so lange bei sich stehen, bis ich ihn abhole, abholen lasse, oder Sie Gelegenheit finden.
Haben Sie die Güte mir die Quittung über die Medaillen für den Herzog zu schicken, und ich will alsdann alles zusammen berichtigen.
Leben Sie recht wohl, ich sage weiter nichts, denn ich müßte von meinen Göttern und Helden reden und ich mag nicht voreilig seyn. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und sagen mir nur den Sonnabend ein Wort wie es mit der Arbeit steht.
G.
H 586 | S 584 | B 587
Jena, den 12. März 1799
Daß meine zwei ersten Acte eine so gute Aufnahme gefunden, freut mich sehr; die drei letzten, wenn ich sie auch nicht ganz so genau auszuführen Zeit habe, sollen wenigstens dem ganzen Effect nach nicht hinter den ersten zurückbleiben. Die Arbeit avancirt jetzt mit beschleunigter Bewegung, und wenn ich jeden Tag anwenden kann, wie diese letztern, so ist es nicht unmöglich, daß ich Ihnen den ganzen Rest des Wallenstein’s kommenden Montag durch einen Expressen sende, um das Manuscript, im Fall keine Erinnerungen dagegen zu machen wären, mit der Montag-Abendspost an Iffland zu expediren.
Erwarten Sie darum in dieser Woche nicht viel von mir zu hören.
Daß das trojanische Feld sich anfängt um Sie auszubreiten höre ich mit wahrer Freude. Bleiben Sie in dieser guten Stimmung und möge das heitere Wetter Sie dabei secundiren.
Leben Sie recht wohl. Meine Frau, die wieder wohl ist, grüßt Sie herzlich. Der Gries ist angelangt von Dresden; es ist ein schwerer Kasten und wir wollen ihn, wenn Sie ihn nicht sogleich verlangen, mit einer Gelegenheit abschicken. Es ist nur für drei Thaler und einige Groschen, weil nicht mehr Vorrath da gewesen; die Mühle war wegen des Frosts still gestanden.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
H 585 | S 583 | B 586
Weimar, den 10. März 1799
Nur mit ein paar Worten und mit einem herzlichen Gruße von Meyern begleite ich diese Sendung. Es ist ihm wie mir gegangen, er konnte im lesen keine Pause machen. Von dem theatralischen Effect kann man gewiß seyn. Seit einigen Tagen halte ich mich mit aller Aufmerksamkeit auf der Ebene von Troja fest. Wenn meine Vorbereitung glücklich von Statten geht, so kann die schöne Jahrszeit mir viel bringen. Verzeihen Sie mir daher, wenn ich mich einige Zeit stille halte, bis ich etwas aufweisen kann. Leben Sie recht wohl und vollenden glücklich Ihr Werk.
G.
H 584 | S 582 | B 585
Weimar, den 9. März 1799
Die zwei Acte Wallenstein’s sind fürtrefflich und thaten beim ersten Lesen auf mich eine so lebhafte Wirkung, daß sie gar keinen Zweifel zuließen.
Wenn sich der Zuschauer bei den Piccolomini’s aus einem gewissen künstlichen, und hie und da willkürlich scheinenden Gewebe nicht gleich herausfinden, mit sich und andern nicht völlig Eins werden kann, so gehen diese neuen Acte nun schon gleichsam als naturnothwendig vor sich hin. Die Welt ist gegeben in der das alles geschieht, die Gesetze sind aufgestellt nach denen man urtheilt, der Storm des Interesses, der Leidenschaft, findet sein Bette schon gegraben in dem er hinabrollen kann. Ich bin nun auf das übrige sehr verlangend, das mir nach Ihrer neuen Anlage ganz neu seyn wird.
Nachdem ich heute früh Ihre beiden Acte mit wahrem Antheil und inniger Rührung gelesen, kommt mir das dritte Stück vom Athenäum zu, in das ich mich einlasse und worüber mir die Zeit verstreicht. Die Botenstunde schlägt und hier nur noch gute Nachricht: daß ich, durch Ihren Zuruf ermuntert, diese Tage meine Gedanken auf dem trojanischen Felde festgehalten habe. Ein großer Theil des Gedichts, dem es noch an innerer Gestalt fehlte, hat sich bis in seine kleinsten Zweige organisirt, und weil nur das unendlich Endliche mich interessiren kann, so stelle ich mir vor daß ich mit dem Ganzen, wenn ich alle meine Kräfte drauf wende, bis Ende Septembers fertig seyn kann. Ich will diesen Wahn so lange als möglich bei mir zu erhalten suchen.
Wallenstein schicke ich morgen wieder zurück.
Grüßen Sie Ihre liebe Frau, der ich eine bessere Gesundheit wünsche, und rücken Sie dem Schlusse des Trauerspiels glücklich immer näher.
G.
H 583 | S 581 | B 584
Jena, den 7. März 1799
Versprochenermaßen sende hier die zwei ersten Acte des Wallenstein’s, denen ich eine gute Aufnahme wünsche. Sagen Sie mir wo möglich gleich morgen ein Wörtchen darüber, und senden mir das Manuscript durch die Sonntagabendspost wieder zu, da ich keine lesbare Abschrift davon habe, und meinen Copisten auch nicht feiern lassen darf.
Zugleich lege ich Iffland’s Nachricht von der Vorstellung der Piccolomini bei, nebst dem Komödienzettel. Es ist gerade so ausgefallen, wie ich muthmaßte, und man kann für’s erste damit zufrieden seyn. Das dritte Stück wird durchbrechen wie ich hoffe.
Ich habe es endlich glücklicherweise arrangiren können, daß es auch fünf Acte hat, und den Anstalten zu Wallenstein’s Ermordung ist eine größere Breite sowohl als theatralische Bedeutsamkeit gegeben. Zwei resolute Hauptleute, die die That vollziehen, sind handelnd und redend eingeflochten, dadurch kommt auch Buttler höher zu stehen, und die Präparatorien zu der Mordscene werden furchtbarer. Freilich hat sich dadurch auch meine Arbeit um ein ziemliches vermehrt.
Leben Sie recht wohl für heute. Meine Frau, die nicht ganz wohl war, aber wieder besser ist, grüßt herzlich. Für die Rüben danken wir schön.
Sch.
H 582 | S 580 | B 583
Weimar, den 6. März 1799
Ich muß mich nur, nach Ihrem Rath, als eine Zwiebel ansehen, die in der Erde unter dem Schnee liegt, und auf Blätter und Blüthen in den nächsten Wochen hoffen.
Der Druck der Propyläen ist im Gange, und ich bringe nach meiner gewöhnlichen Art manches andere bei Seite um mir bald möglichst einige freie Wochen zu verschaffen, die ich zum Besten anzuwenden gedenke. Es ist sehr sonderbar, daß meine Lage, die im allgemeinen genommen nicht günstiger seyn könnte, mit meiner Natur sehr im Widerstreite steht. Wir wollen sehen, wie weit wir’s im Wollen bringen können.
Sie erhalten die Piccolomini und den Brief. Eben die Hand dieses allgegenwärtigen Freundes werden sie in den Acten über die Veruntreuung von Wallenstein’s Lager antreffen. Seine ganze Existenz gründet sich auf Mäkelei und Sie werden wohl thun ihn von sich zu halten. Wer Pech knetet klebt seine eigenen Hände zusammen. Es paralysirt nichts mehr als irgend ein Verhältniß zu solchen Schuften, die sich unterstehen können den Octavio einen Buben zu nennen.
In diesem Wintertagen, die sich erneuern, ist Palmira ein recht erwünschtes Geschenk. Ich kann kaum erwarten bis die Oper wieder aufgeführt wird, und es geht mehr Leuten so.
Leben Sie recht wohl und verzeihen Sie der abermaligen Unfruchtbarkeit dieses Briefes, der ich durch eine Portion Rüben nachzuhelfen suche.
Grüßen Sie Ihre liebe Frau und fahren Sie fort mir in guten und bösen Stunden durch die Kraft Ihres Geistes und Herzens beizustehen.
G.
H 581 | S 579 | B 582
Jena, den 5. März 1799
Es hat mich diesen Winter oft geschmerzt, Sie nicht so heiter und muthvoll zu finden, als sonst, und eben darum hätte ich mir selbst etwas mehr Geistesfreiheit gewünscht, um Ihnen mehr seyn zu können. Die Natur hat Sie einmal bestimmt, hervorzubringen; jeder andere Zustand, wenn er eine Zeitlang anhält, streitet mit Ihrem Wesen. Eine so lange Pause, als Sie dasmal in der Poesie gemacht haben, darf nicht mehr vorkommen, und Sie müssen darin ein Machtwort aussprechen und ernstlich wollen. Schon deßwegen ist mir Ihre Idee zu einem didaktischen Gedichte sehr willkommen gewesen; eine solche Beschäftigung knüpft die wissenschaftlichen Arbeiten an die poetischen Kräfte an und wird Ihnen den Übergang erleichtern, an dem es jetzt allein zu fehlen scheint.
Wenn ich mir übrigens die Masse von Ideen und Gestalten denke, die Sie in den zu machenden Gedichten zu verarbeiten haben, und die in Ihrer Phantasie lebendig liegen, so daß ein einziges Gespräch sie hervorrufen kann, so begreife ich gar nicht, wie Ihre Thätigkeit auch nur einen Augenblick stocken kann. Ein einziger dieser Plane würde schon das halbe Leben eines andern Menschen thätig erhalten. Aber Ihr Realism zeigt sich auch hier; wenn wir andern uns mit Ideen tragen und schon darin eine Thätigkeit finden, so sind Sie nicht eher zufrieden, als bis Ihre Ideen Existenz bekommen haben.
Das Frühjahr und der Sommer werden alles gut machen, Sie werden sich nach der langen Pause desto reicher entladen, besonders wenn Sie den Gesang aus der Achilleis gleich vornehmen, weil dadurch eine ganze Welt in Bewegung gesetzt wird. Ich kann jenes kurze Gespräch, wo Sie mir den Inhalt dieses ersten Gesangs erzählten, noch immer nicht vergessen, so wenig als den Ausdruck von heiterem Feuer und aufblühendem Leben, der sich bei dieser Gelegenheit in Ihrem ganzen Wesen zeigte.
Hier wieder ein Brief von Ubique. Der Mensch kann doch nicht ruhen sich in andere Affairen zu mischen. Und seine schreckliche Saalbaderei über Wallenstein und die Weiber des Stücks! Ich werde mein Stück dazu nicht hergeben, Schröder’s Müthlein and en Hamburger Schauspielern zu kühlen.
Opitz will die Stücke für die Leipziger Bühne haben. Seyen Sie doch so gütig mir mit dem Botenmädchen die Piccolomini zu schicken, die das Theater jetzt nicht braucht. Ich muß sie abschreiben lassen.
Von Iffland habe ich noch nichts gehört, wohl aber erfuhr ich auf einem andern Weg daß Iffland die erste Vorstellung der Piccolomini nach dem unverkürzten Exemplar gegeben, daß sie bis halb Eilf soll gewährt haben, und daß er bei der zweiten Vorstellung gezwungen gewesen, das abgekürzte Stück zu geben und solches auch auf dem Komödienzettel anzukündigen. Es ist mir sehr verdrießlich, und da er die Länge des Stücks aus den Proben recht gut muthmaßen konnte, so ist es sehr ungeschickt von ihm gewesen. Er soll den Octavio gespielt haben, wie Böttiger schreibt, Thekla sey von Mad. Fleck gespielt worden. Vom Succeß selbst habe ich noch nichts gehört, wahrscheinlich kam die Nachricht, die mir Gries mittheilte, aus dem Schlegelschen Hause.
Auf den Freitag sende ich die zwei ersten Acte des Wallenstein’s. An Iffland sende ich nichts, bis er mir geschrieben hat.
Leben Sie recht wohl und erheitern Sie sich trotz des wiederkehrenden Winters, der hier sehr traurig aussieht. Herzlich grüßen wir Sie beide.
Sch.
H 580 | S 578 | B 581
Weimar, den 3. März 1799
Ihr Brief kam mir gestern sehr spät zu und ich antworte heute um diese Communication wieder in Gang zu bringen.
Ich freue mich, daß dieser Winter überhaupt Ihnen günstig war, da er sich so schlecht gegen mich betrug. Es ist keine Frage daß wir zusammen in manchem Sinne vorwärts gekommen sind, und ich hoffe die gute Jahrszeit wird uns die Stimmung geben um es auch praktisch zeigen zu können.
Körners Brief kommt mir wunderbar vor, wie überhaupt alles Individuelle so wunderbar ist. Es weiß sich kein Mensch weder in sich selbst noch in andere zu finden und muß sich eben sein Spinnengewebe selbst machen, aus dessen Mitte er wirkt. Das alles weist mich immer mehr auf meine poetische Natur zurück. Man befriedigt bei dichterischen Arbeiten sich selbst am meisten und hat noch dadurch den besten Zusammenhang mit andern.
Wegen Wallensteins Lager will ich eine strenge Untersuchung anstellen lassen. Ihre Vermuthung scheint mir nur allzu gegründet. In diesen glorreichen Zeiten, wo die Vernunft ihr erhabenes Regiment ausbreitet, hat man sich täglich von den würdigsten Männern einer Infamie oder Absurdität zu gewärtigen.
Ich betreibe nun meine hiesigen Geschäfte und Angelegenheiten so daß ich mich dadurch auf die nächste Zeit frei mache. Übrigens bin ich vom schlimmsten Humor, der sich auch wohl nicht verbessern wird, bis irgend eine Arbeit von Bedeutung wieder gelungen seyn wird.
Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und seyen Sie recht fleißig. Was mich betrifft, so sehe ich voraus daß ich keine zufriedene Stunde haben werde, bis ich mich wieder in Ihrer Nähe befinde, um auf eine erwünschte Weise thätig seyn zu können. Auf den Sommer muß ich mir was erfinden es sey was es will, um mir eine gewisse Heiterkeit wieder zu geben, die ich in der schlimmsten Jahrszeit ganz vermißte.
G.
H 579 | S 577 | B 580
Jena, den 1. März 1799
Nach acht Wochen Stillstand beginnt also das Commercium durch die Botenfrau wieder. Ich glaube in eine viel ältere Zeit zu blicken, als es wirklich ist. Das theatralische Wesen, der mehrere Umgang mit der Welt, unser anhaltendes Zusammenseyn haben meinen Zustand indessen um vieles verändert, und wenn ich erst der Wallensteinischen Massa werde los seyn, so werde ich mich als eine ganz neuen Menschen fühlen.
Körner hat geschrieben, ich lege seinen Brief bei.
Das Humboldtische Werk scheint auch bei ihm kein Glück zu machen; es ist wirklich nöthig, daß man einen passenden Auszug daraus vor das Publicum bringe, daß das Gute und Schätzenswerthe seiner Ideen in Curs gesetzt wird. [Wie gut ist es übrigens, daß Sie bei den Propyläen nicht auf Humboldt gerechnet haben, da man sieht, wie es ihm bei allem Scharfsinn und Geist nicht möglich ist, den Leser festzuhalten. Es ist doch eine sonderbare Erscheinung, daß er, indem er der Flachheit und dilettantischen Leichtigkeit, welche sonst die autores nobiles charakterisiert, zu entgehen suchte, in diese trockne Manier verfallen mußte]*.
Ich erhielt heute einen Brief von der Schimmelmann, der mir einen sehr schicklichen Anlaß gibt, die bewußte Sache anhängig zu machen. Auch erfuhr ich darin, zu meinem nicht geringen Erstaunen, daß Wallensteins Lager in Coppenhagen ist, denn es ist da bei Schimmelmanns vorgelesen und sogar an seinem Geburtstag von guten Freunden aufgeführt worden. Ich wüßte keinen andern Weg als von Weimar aus, und fürchte daß Ubique auch hier seine Hand im Spiele habe. Haben Sie doch die Güte es zu untersuchen, und besonders bitte ich, die Piccolomini zu sich in’s Haus zu nehmen; denn es wäre doch ein fataler Streich, wenn die Sachen in der Welt herumliefen. Auf Iffland kann ich keinen Verdacht haben. Ubique hat neuerlich in Coppenhagen Mäkelei getrieben, und von seiner Indiscretion ist alles zu erwarten.
Ich kann Ihnen heute nichts mehr sagen, die Post drängt mich, und ich muß auch den Ubique abfertigen. Leben Sie recht wohl, Meyern viele Grüße. Meine Frau empfiehlt sich bestens; sie hat gestern der Loderischen Komödie beigewohnt und sich ganz artig amusirt.
Sch.
* Nicht bei H, zitiert nach S.
H 578 | S 576 | B 579
Jena, den 17. Februar 1799
Hier schicke ich die erste Lage, mit der Bitte die politische Möglichkeit, sich zum König von Böhmen zu machen, kürzlich auszuführen. Man kann dieses und was sonst noch einzuschalten nöthig wäre, auf besondere Blätter schreiben und einlegen, ohne daß man nöthig hätte das Ganze nochmals abzuschreiben. Bis Ein Uhr hoffe ich ziemlich weit vorgerückt zu seyn und Sie alsdann wieder bei mir zu sehen, wo es über Ifflands Brief manche Betrachtungen geben wird.
G.
H 577 | S 575 | B 578
Weimar, den 3. Februar 1799
Es war mir sehr angenehm zu hören daß die gestrige Aufführung um vieles besser als die erste gegangen ist; es läßt sich nun überlegen was man thut um nach einer Pause die dritte noch weiter zu treiben.
Erzeigen Sie mir heute das Vergnügen Sie Mittags zu Tische bei mir zu sehen, morgen sind Sie zu Durchlaucht dem Herzog auf’s Zimmer eingeladen.
Der ich recht wohl zu leben wünsche.
G.
H 576 | S 574 | B 576