583. An Schiller

Weimar, den 30. Januar 1799

So ist denn endlich der große Tag angebrochen, auf dessen Abend ich neugierig und verlangend genug bin. Hier noch einige Bemerkungen.

1) Wollten sie Vohs nicht in den ersten Scenen im Küraß kommen lassen? In dem Kollet sieht er gar1) zu nüchtern aus.

2) Auch wäre das Barett für Wallenstein nicht zu vergessen, es muß so etwas wie Reiherfedern bei der Garderobe seyn.

3) Wollten Sie nicht auch Wallenstein noch einen rothen Mantel geben? Er sieht von hinten den andern so sehr ähnlich.

Mittags hoffe ich Sie bei mir zu sehen.

G.

H 575 | S 573 | B 575

582. An Schiller

[Weimar,] den 28. Januar 1799

Man wird heute früh um zehn Uhr Vorprobe von der Audienz und dem Banquet haben.

Nachmittag fünf Uhr kommen wir wieder zusammen und fangen das Schauspiel von vorne an. Wenn wir nur drei Acte probiren, so haben wir Zeit genug, was nöthig seyn sollte zu wiederholen.

Ich wünsche Sie heute Mittag zu Tische zu sehen, damit man doch auch wieder wisse, daß man einander so nahe ist. Sagen sie mir ein Wort hierüber.

G.

H 574 | S 572 | B 574

581. An Schiller

Weimar, den 27. Januar 1799

Wenn Sie den heutigen Tag nur einigermaßen leidlich zugebracht haben und etwas zu unserm nächsten Zweck ausdenken konnten, so wünsche ich schon Glück und will morgen früh bei Zeiten melden was unsere Wöchner für das rathsamste halten. Man trifft nicht immer bei dem besten Willen mit der Vorstellungsart der Schauspieler zusammen und man erschwert es ihnen, wenn man es ihnen bequemer machen will.

Ich habe den heutigen Tag nicht ganz unnütz zugebracht und das ist in meiner jetzigen Lage schon ein Lob für ihn.

Leben Sie recht wohl, und ich hoffe, daß wir morgen um diese Zeit schon um ein gutes Theil weiter seyn werden.

G.

H 573 | S 571 | B 573

580. An Schiller

[Weimar,] den 25. Januar 1799

Sagen Sie mir doch mit einigen Worten, werthester Freund, wie Sie geschlafen haben und wie Sie sich befinden? Vielleicht können Sie noch nicht bestimmen ob Sie in die Probe kommen werden; auf alle Fälle, wenn Sie eine Vermehrung des Übels befürchten, so halten Sie sich heute und morgen zu Hause; ich will indessen, so gut es gehen will, Ihre Stelle vertreten und Ihnen morgen, wie die Sache abgelaufen ist, referiren.

Mad. Teller las gestern in so weit gut daß sie nichts falsch las, aber zu matt und Leseprobenmäßig. Sie versichert: auf dem Theater würde das alles ganz anders werden. Da dieses fast eine allgemeine Schauspielermarotte ist, so kann ich sie ihr nicht besonders zurechnen, obgleich diese Albernheit hauptsächlich Ursache ist daß keine bedeutende Rolle richtig eingelernt wird und daß nachher vom Zufall so viel abhängt. Ich wünsche von Ihnen das Beste zu hören.

G.

H 572 | S 570 | B 572

579. An Goethe

[Weimar, den 19. Januar 1799]

Ich packe hier zwei sehr heterogene Novitäten zusammen. Lassen Sie sich solche zum Nachtisch willkommen seyn.

Iffland’s Wärme für das Stück läßt mich von dem theatralischen Succeß viel Gutes auguriren.

Da er es für möglich hält, wegen der von ihm zu übernehmenden Rolle meinen Rath noch abzuwarten, so scheinen sie dort mit der Repräsentation nicht so sehr zu eilen, und die Berliner Kritiker werden uns also auch nicht viel zuvorkommen.

Leben Sie recht wohl. In der Oper hoffe ich Sie zu finden.

Sch.

H 570 | S 569 | B 571

578. An Schiller

Weimar, den 17. Januar 1799

Da ich ungewiß bin, ob ich Sie heute zu Tische sehen werde und der Herzog mich auf’s Zimmer einladen läßt, wohin ich nicht versäumen darf zu gehen, so sage ich dort zu, und erwarte Sie, werthester Freund, heute Abend um vier Uhr, da sich die theatralische Welt wieder bei mir versammeln wird.

Das zweite Stück der Propyläen ist angekommen, und die Zufriedenheit, die man etwa haben mag so etwas wieder hinter sich zu sehen, wird durch die böslichen Druckfehler gestört, die sich abermals in den letzten Bogen finden. Wir müssen nun auf’s dritte hoffen und die Sache selbst bessern.

Übrigens kann ich auch dieses Stück nicht ansehen ohne zu wünschen bald etwas von Ihrer Arbeit in diesem Werke zu erblicken.

Warum ich Sie aber, in dem Augenblicke der völligen Improduction, inständig bitte, ist, mir das Apercü über Piccolomini zu verschaffen, womit ich mich in der neuen Zeitung bald möglichst produciren könne. Wir müssen um so eher eilen, weil die Berliner gewiß, sobald das Stück gespielt ist, mit einer Sündfluth von Urtheilen werden angeschwollen kommen. Leben Sie recht wohl.

G.

H 571 | S 568 | B 570

577. An Goethe

[Weimar,] den 10. Januar 1799

Ich wünsche und hoffe zu hören, daß Sie diese Nacht ausgeschlafen haben, und sich heute wieder besser befinden. Gestern mußte ich mich wundern, wie Sie sich nach einer schlecht schlafenden Nacht und unter Wolken von Tabakrauch noch so ganz gut und bei Humor erhielten.

Heute um vier Uhr werd’ ich mich bei Ihnen einfinden. Nach geendigter Probe werden wir uns wohl zusammen bei Geh. Rath Voigts befinden.

Meine Arbeit rückt doch immer etwas voran. Nulla dies sine linea.

Wollen Sie mir etwa die letzte Woche der Allg. Zeitung communiciren? Die meinige liegt in Jena.

Sch.

H 569 | S 567 | B 569

576. An Goethe

[Weimar, den 5. Januar 1799]

Ich erhalte mit großem Vergnügen Ihr Billet und werde, weil Sie es erlauben, heut um Ein Uhr aufwarten, und kann bis fünf Uhr zu allem was Sie mit mir machen wollen bereit seyn.

Wir haben in dem niedlichen und bequemen Logis, das Sie uns bereitet und eingerichtet haben, recht wohl geschlafen.

Das Übrige mündlich. Meine Frau begrüßt Sie aufs beste.

Sch.

H 568 | S 566 | B 568

575. An Schiller

Weimar, den 5. Januar 1799

Mit vielem Vergnügen vernehm’ ich daß Sie angekommen sind und wünsche zu erfahren wie Sie Ihren heutigen Tag eingetheilt haben. Möchten Sie den Mittag mit mir essen, so sollen Sie schönstens willkommen seyn.

Ich befinde mich nicht ganz wohl, so daß ich nicht ausgehen mag, da wir diese Tage gute Gesundheit und Stimmung nöthig haben.

Grüßen Sie Ihre liebe Frau, der ich mich sehr freue Sie bald wieder zu sehen.

G.

H 567 | S 565 | B 567

574. An Schiller

Weimar, den 2. Januar 1799

Da es mit dem Hauptpunkte richtig ist und ich auch überzeugt bin daß Sie nicht früher schließen konnten, so muß sich das Übrige alles geben.

Die zärtlichen Scenen sind sehr gut gerathen und die Einleitung der Astrologie in denselben äußerst glücklich.

Bei allem andern will ich nichts sagen, weil mich die Stunde drängt, und weil ich Sie bald zu sehen hoffe. Säumen Sie ja nicht lange, denn es gibt hundert Dinge zu besprechen. Ich hoffe Sie sollen in Ihrem Quartier alles leidlich eingerichtet finden. Grüßen sie Ihre liebe Frau.

G.

H 566 | S 564 | B 566

573. An Goethe

Jena, den 1. Januar 1799

Hier zur Unterhaltung ein paar Blätter von Körnern über den Almanach.

Mein Opus ist nun in Ihren Händen, und Sie haben ihm, indem ich schreibe, schon die Nativität gestellt. Unterdessen habe ich schon angefangen, meine Gedanken auf das dritte Stück zu richten, um sogleich, wenn ich in Weimar bin, daran gehen zu können. Es gibt zwar noch viel darin zu thun, aber es wird rascher gehen, weil die Handlung bestimmt ist, und lebhafte Affecte herrschen.

Ich muß morgen noch zur Ader lassen, welches ich seit meinen zwei hitzigen Brustfiebern in den Jahren 91 und 92 immer beobachtet habe. Diese Operation hält mich morgen, wenn nicht gar übermorgen, noch hier zurück. Sonst befinde ich mich innerlich recht wohl, aber um die Plage nicht ausgehen zu lassen, habe ich mich neulich unter dem Nagel in den Finger gestochen, der sehr schmerzhaft wird, und weil es der Mittelfinger der rechten Hand ist, mich beim Schreiben sehr incommodirt.

Sie waren so gütig, mir durch den Kammerrath ein Verzeichniß dessen was ich in Weimar brauche abfordern zu lassen. Da habe ich meinem Schwager neulich zugestellt, und in der Voraussetzung, daß dieß Ihre Absicht dabei sey, alles was ich nöthig habe darunter begriffen.

Morgen hoffe ich noch von Ihnen zu erfahren, ob ich übermorgen kommen darf.

Leben Sie recht wohl. Wir freuen uns beide sehr darauf Sie wieder zu sehen.

Sch.

H 565 | S 563 | B 565

572. An Goethe

Jena, den 31. Dezember 1798

Der Herzogin Rolle hab’ ich Ihnen gestern durch Wolzogen geschickt, Hier erhalten Sie die Piccolomini ganz, aber wie Sie sehen ganz erschrecklich gestrichen. Ich dachte schon genug davon weggeschnitten zu haben, als ich aber vorgestern zum erstenmal das Ganze hinter einander vorlas, nach der bereits verkürzten Edition, und mit dem dritten Act schon die dritte Stunde zu Ende ging, so erschrak ich so, daß ich mich gestern nochmals hinsetzte, und noch etwa 400 Jamben aus dem Ganzen herauswarf. Sehr lang wird es auch jetzt noch spielen, aber doch nicht über die vierte Stunde, und wenn man Schlag halb Sechs anfängt, so kommt das Publicum noch vor 10 Uhr zu Hause.

Haben Sie die Güte den zweiten Act den ich Ihnen doppelt schicke in beiden Gestalten zu lesen. Er enthält die neuen Scenen der Thekla, und es würde Sie stören, wenn Sie bei diesen Scenen, die Sie zum erstenmal lesen, auch nur durch das Auge an die Verstümmlung erinnert würden, und den Text auf dem Papiere mühsam zusammensuchen müßten.

An Iffland sende ich mit heutiger Post diese neuesten Verkürzungen nach, denn die große Länge des Stücks wird ihn nicht wenig in Verlegenheit sezten.

Die bedeutende Äußerung Wallensteins über Buttlern (IV. Aufzug, 3. Scene), die hier weggestrichen, findet im dritten Stück einen schicklichen Platz.

Bei der Rollenbesetzung habe ich darauf gerechnet, daß die Thekla durch die Jagemann gespielt wird, und ihr etwas zu singen gegeben. So bliebe freilich die Gräfin der Slanzovsky, es wäre denn, daß Sie die neu erwartete Mutter dazu passender fänden; denn an der Gräfin liegt freilich viel, und sie hat, wie Sie sehen werden, auch in den neuen Scenen des dritten Acts bedeutende Dinge zu sagen. Da man sie noch älter annehmen darf als selbst die Herzogin (indem sie den König von Böhmen vor sechzehn Jahren hat machen helfen), so kann sich die andere nicht beklagen.

Beim Wrangel habe ich auf Hunnius gerechnet.

Und so lege ich denn das Stück in Ihre Hände. Ich habe jetzt schlechterdings kein Urtheil mehr darüber, ja manchmal möchte ich an der theatralischen Tauglichkeit ganz verzweifeln. Möchte es eine solche Wirkung auf Sie thun, daß Sie mir Muth und Hoffnung geben können, denn die brauche ich.

Leben Sie recht wohl. Der Bote wird um 3 Uhr expedirt.

Sch.

H 564 | S 562 | B 564

571. An Schiller

[Weimar, den 30. Dezember 1798]

Überbringer dieses stellt ein Detachement Husaren vor, das Ordre hat, sich der Piccolominis, Vater und Sohn, wie es gehen will, zu bemächtigen, und wenn es derselben nicht ganz habhaft werden können, sie wenigstens stückweise zu liefern. Ew. Liebden werden ersucht, diesem löblichen Vorhaben allen möglichen Vorschub zu tun. Die wir uns zu allen angenehmen Gegendiensten erbieten.

Kurz vor dem Schluß des Jahres 1798.

Melpomenische, zum Wallensteinschen Unwesen
gnädigst verordnete Kommission.
G et K

[Nicht bei H, zitiert nach S]

H – | S 560 | B 563

570. An Schiller

Weimar, den 29. Dezember 1798

Wenn Sie uns, werther Freund, bei der Bestimmung Ihrer Decoration um Rath gefragt hätten, so hätten wir freilich einiges einzuwenden gehabt. Denn statt des Symbols die Sache zu geben, ist freilich eine schwere Aufgabe, doch soll alles, was zur Verherrlichung der theatralischen Erscheinung geschehen kann, mit Vergnügen besorgt werden. Freund Meyer wird die Cartone selbst zeichnen, wie denn schon der Anfang zu einem kleinen Entwurf gemacht ist.

Nun aber verzeihen Sie, wenn ich auch, wie Iffland, den Director spiele, auf den sich zuletzt alle Schwierigkeiten der Ausführung häufen.

Morgen früh kommt ein Bote, von dem ich hoffe, daß er mir gegen Abend einen Theil des Stücks und auf alle Fälle die Rolle der Herzogin bringen wird.

Werden Sie ja nicht ungeduldig! denn wenn Sie nicht bald kommen sollten, so werden noch öfters Boten erscheinen. Es wird ohnedies ein sauerer Januar für uns werden, da man am Ende desselben ein solches Stück erwartet und an den übrigen Lustbarkeiten, während desselben, doch nichts entbehren will. Montags sollend die vier bedeutendsten Soldatencostüms des Vorspiels an Iffland abgehen. Ich wünsche Ihnen zur Reise einen Tag wie der heutige ist und grüße Sie herzlich, so wie Ihre liebe Frau.

G.

H 563 | S 561 | B 562

569. An Schiller

Weimar, den 25. Dezember 1798

Viel Glück zu der abgenöthigten Vollendung der Arbeit! denn ich will Ihnen gar nicht läugnen, daß mir in der letzten Zeit alle Hoffnung zu vergehen anfing. Bei der Art, wie Sie diese Jahre her den Wallenstein behandelt haben, ließ sich gar keine innere Ursache mehr denken, wodurch er fertig werden konnte, so wenig als das Wachs gerinnen kann, so lange es an dem Feuer steht. Sie werden selbst erst finden, wenn Sie diese Sache hinter sich haben, was für Sie gewonnen ist. Ich sehe es als etwas Unendliches an.

Ihr Quartier im Schlosse soll auf’s beste besorgt werden, und ich denke es soll an nichts fehlen; auch was Sie sonst an den ersten und letzten Bedürfnissen nöthig haben möchten, soll parat seyn. Lassen Sie sich ja nicht abhalten, sondern resolviren sich kurz und gut den zweiten zu kommen, denn wir haben übermäßig zu thun, wenn wir bis den dreißigsten fertig werden wollen, wobei das Schlimmste ist, daß sich der Termin nicht verschieben läßt. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und seyn Sie zum Voraus schönstens willlkommen.

G.

H 562 | S 559 | B 561

568. An Goethe

Jena, den 24. Dezember 1798

Ich setze mich mit einem sehr erleichterten Herzen nieder, um Ihnen zu schreiben, daß die Piccolomini so eben an Iffland abgegangen sind. Er hat mich in seinem Briefe so tribulirt und gequält zu eilen, daß ich heute meine ganze Willenskraft zusammen nahm, drei Copisten zugleich anstellte, und (mit Ausschluß der einzigen Scene im astrologischen Zimmer, die ich ihm nachsende) das Werk wirklich zu Stande brachte. Eine recht glückliche Stimmung und eine wohl ausgeschlafene Nacht haben mich secundirt, und ich hoffe sagen zu können, daß diese Eile dem Geschäft nichts geschadet hat. So ist aber auch schwerlich ein heiliger Abend auf dreißig Meilen in der Runde vollbracht worden, so gehetzt nämlich und so qualvoll über der Angst nicht fertig zu werden. Iffland hat mir seine Noth vorgestellt, wenn er in den zwei nächsten Monaten der eigentlichen Theaterzeit nichts hätte, wodurch er die Opern, welche frei gegeben werden, balanciren könnte, da er, in seiner Rechnung auf das Stück, auf nichts anders gedacht hätte, und gab mir den Verlust bei dem versäumten Tempo auf 4000 Thaler an.

Ich werde nun diese Woche anwenden, das Exemplar des Stücks für unser Weimarisches Theater in Ordnung schreiben zu lassen, die astrologische Scene überdenken, und dann auf die nächste Woche, etwa den zweiten, wenn die Witterung und mein Befinden es zulassen, zu Ihnen kommen.

Da ich nicht weiß, ob mir eine Summe Geld, die ich erwarte, zu rechter Zeit eingeht, so will ich das nicht erst erwarten, und in Hoffnung, daß ich im Nothfalle bei Ihnen etwas borgen kann, wenn ich es je brauchen sollte, mein Paket machen.

Für Ihre Güte mir das Logis zu verschaffen, danke ich Ihnen sehr. Meubles, hölzerne, wird mein Schwager missen können, Betten aber nicht, und wenn Sie mir also etwas daran leihen wollen, so brauche ich desto weniger mitzubringen.

Was unsre Communicationen betrifft, so wird sich mit einer Kutsche schon eine Einrichtung machen lassen.

Und nun für heute Lebewohl. Ich mußte mein Herz erleichtern, und Ihnen dieses neueste Evenement in meinem Hause melden. Meine Frau läßt Sie aufs beste grüßen.

Sch.

H 561 | S 558 | B 560

567. An Schiller

Weimar, den 22. Dezember 1798

Die Nachricht von Ihrer baldigen Ankunft erfreut mich sehr und ist die schönste Hoffnung die mir die wieder rückkehrende Sonne bringt. Auf die Farbenlehre habe ich auch nicht einen Augenblick denken können; ich will diese nächsten Tage noch mancherlei Geschäfte schematisiren und auf’s nächste Jahr einleiten, damit ich, wenn Sie herüber kommen, ganz frei bin.

Es ist so ein unendlich seltner Fall daß man sich mit und an einander bildet, daß es mich nicht mehr wundert, wenn eine Hoffnung, wie die auf eine nähere Communication mit Schelling, auch fehlschlägt. Indessen können wir doch immer zufrieden seyn, daß er uns so nahe ist, indem wir doch immer gewissermaßen das was er hervorbringt, werden sehen; auch macht sich’s vielleicht mit der Zeit.

Zum l’Hombre wünsche ich Glück. Sie werden in der Anthropologie selbst die Apologie des Spiels finden, und ob ich gleich persönlich keine Idee habe, wie man sich dabei zerstreuen oder erfreuen könne, so zeigt es mir doch die Erfahrung an so viel Menschen. Mich entschädigen in solchen Augenblicken mancherlei wissenschaftliche Spiele, wie Mineralogie und dergleichen. Freilich sind die Abende jetzt sehr lang und unfruchtbar.

Das Thouretische Quartier steht, so viel ich weiß, ganz leer, ist rein und dürfte nur meublirt werden, wofür ich schon sorgen will. Es sind zwei heizbare Zimmer und einige Kammern.

Gern lasse ich Sie nicht aus meiner Nähe, doch ist freilich das Quartier das ich Ihnen anbieten kann, besonders im Winter, nicht bequem. Wir müssen nur eine Einrichtung treffen, denn sonst verlieren wir Zeit und Gelegenheit.

Wegen des Thouretischen Quartiers erfahren Sie Mittwochs mehr.

Könnten Sie mir die Rolle für Wallensteins Gemahlin gleich senden, so schickte ich sie unserer neuen Actrice nach Regensburg. Sie hätte auf der ganzen Herreise Zeit daran zu lernen, und da sie den vierzehnten kommt, so träfe sie noch eben zur rechten Zeit ein, daß das Stück am dreißigsten gegeben werden könnte.

Leben sie recht wohl; in Hoffnung Sie bald wieder zu sehen werde ich noch manches, was uns hindern oder stören könnte, wegarbeiten.

G.

H 560 | S 557 | B 559

566. An Goethe

Jena, den 22. [recte: 21.]Dezember 1798

Ich bin sehr verlangend Kant’s Anthropologie zu lesen. Die pathologische Seite, die er am Menschen immer herauskehrt, und die bei einer Anthropologie vielleicht am Platze seyn mag, verfolgt einen fast in allem was er schreibt, und sie ist’s, die seiner praktischen Philosophie ein so grämliches Ansehen gibt. Daß dieser heitere und jovialische Geist seine Flügel nicht ganz von dem Lebensschmutz hat losmachen können, ja selbst gewisse düstere Eindrücke der Jugend etc. nicht ganz verwunden hat, ist zu verwundern und zu beklagen. Es ist immer noch etwas an ihm, was einen, wie bei Luthern, an einen Mönch erinnert, der sich zwar sein Kloster geöffnet hat, aber die Spuren desselben nicht ganz vertilgen konnte.

Daß die Aristokraten auf eine Schrift wie Boufflers nicht so ganz gut zu sprechen sind, will ich wohl glauben. Sie würden weit mehr Wahrheiten aus dem Mund und der Feder eines bürgerlichen Schriftstellers ertragen. Aber es ist immer so gewesen, auch in der Kirche war die Ketzerei eines Christen immer verhaßter, als der Unglaube eines Atheisten oder Heiden.

Haben Sie in diesen Tagen nichts an dem Farbenschema mehr gemacht? Ich freue mich auch in dieser Rücksicht auf mein Hinüberkommen zu Ihnen, um in der Materie etwas weiter zu rücken. Schelling sah ich wöchentlich nur einmal, um, zur Schande der Philosophie sey es gesagt, meistens l’Hombre mit ihm zu spielen. Mir zwar ist diese Zerstreuung, da ich jetzt absolut keine andre habe, beinahe unentbehrlich geworden, aber es ist freilich schlimm, daß man nichts Gescheidteres mit einander zu thun hat. Indessen sobald ich nur ein klein wenig den Kopf wieder über Wasser habe, will ich etwas Besseres mit ihm anfangen. Er ist noch immer so wenig mittheilend und problematisch wie zuvor.

Von den abwesenden Freunden hab’ ich wieder lange nichts gehört. Humboldt wird, hoffe ich, nicht unter den Fremden sich befunden haben, die man in Paris arretirt hat.

Ich hatte Sie bitten wollen mir das Logis, worin Thouret gewohnt, auf drei oder vier Wochen vom Herzog auszubitten, wenn ich nach Weimar käme. Meine Schwägerin kann meine Frau mit den Kindern jetzt nicht wohl logiren und doch möchte ich von meiner Familie nicht so lang getrennt seyn, auch Ihnen mit mir nicht auf so lange Überlast machen. Freilich würden unsre wechselseitigen Communicationen dadurch etwas gehemmt, aber es käme nur auf eine Einrichtung an, so würde es schon gehen. Ich erbitte mir darüber Ihren Rath. Etwa in zwölf Tagen dächte ich hinüber zu kommen.

Ich sehe zwar kaum ein kleines Vorrücken in der Arbeit, denn bei dem Corrigiren der letzten Acte für den Theaterzweck bin ich auf weit mehr Schwierigkeiten gestoßen als ich erwartete, und diese Arbeit ist erstaunlich penibel und zeitverderbend.

Indessen wünsche ich Ihnen zum zurückgelegten kürzesten Tag, der in Ihrer Existenz eine gewisse Epoche zu machen pflegt, Glück.

Leben Sie recht wohl, herzlich gegrüßt von uns beiden.

Sch.

H 559 | S 556 | B 558

565. An Schiller

Weimar, den 19. Dezember 1798

Es mag mir etwas von Ihrer Meinung vorgeschwebt haben, indem ich, ehe ich den kleinen Aufsatz abschickte, bei mir zu Rathe ging, ob ich ihn nicht mutatis mutandis zur Literaturzeitung geben, oder die Materie für die Propyläen aufheben sollte? Indessen mag er zu jenem Picknick hingehen, das doch nicht auf eine Consequenz der Schüsseln berechnet ist.

Boufflers hat mir auch, wie Ihnen, und in demselben Sinne recht wohl gefallen; dagegen haben die Franzosen und Vornehmen, so viel ich hier vernehmen konnte, nicht zum besten davon sentirt, da es doch eigentlich für sie geschrieben ist. auf welches Publicum soll denn der Schriftsteller rechnen und zählen?

Kant’s Anthropologie ist mir ein sehr werthes Buch und wird es künftig noch mehr seyn, wenn ich es in geringern Dosen wiederholt genieße, denn im Ganzen, wie es dasteht, ist es nicht erquicklich. Von diesem Gesichtspunkte aus sieht sich der Mensch immer im pathologischen Zustande, und da man, wie der alte Herr selbst versichert, vor dem sechzigsten Jahr nicht vernünftig werden kann, so ist es ein schlechter Spaß sich die übrige Zeit seines Lebens für einen Narren zu erklären. Doch wird, wenn man zu guter Stunde ein paar Seiten drin liest, die geistreiche Behandlung immer reizend seyn. Übrigens ist mir alles verhaßt was mich bloß belehrt, ohne meine Thätigkeit zu vermehren oder unmittelbar zu beleben.

Meinen Zustand in diesen Tagen kann ich auch nicht rühmen. Zu einer solchen Zeit sollte man eigentlich in einer großen Stadt seyn, wo man von außen gereizt würde und sich selbst vergäße.

Mechanische Arbeiten gehen nicht vom Flecke und geistige gelingen nicht. Schon diesem Briefe merke ich an daß ich meine Gedanken nicht wie sonst beisammen habe.

Wegen Wallenstein soll bei den Frankfurtern angefragt werden.

Unsere Theatralische Mutter wird in der ersten Hälfte des künftigen Monats erwartet. Leben Sie recht wohl bis auf bessere Tage, ich will noch sehen mich von manchem Einzelnen zu befreien, damit man nach dem neuen Jahre an irgend etwas Ganzes gehen kann.

G.

H 558 | S 555 | B 557

564. An Goethe

Jena, den 18. Dezember 1798

So wenig ich Anstand nehme, alles was Sie von unserm Volksdichter Gutes sagen, im einzelnen wie im allgemeinen zu unterschreiben, so kommt es mir doch immer als eine gewisse Unschicklichkeit vor, auf einer so öffentlichen Stelle, als die Allgemeine Zeitung ist, die Augen auf ihn zu ziehen. Für die Vorzüge der Form ist einmal kein Sinn zu erwarten, und so wird das Kleine und Gemeine in den Gegenständen den delicaten Herren und Damen Anstoß geben und den Witzlingen eine Blöße. Das ist wenigstens mein Gefühl, wenn ich mir, bei Durchlesung Ihrer Anzeige, zugleich das Publicum vergegenwärtige, dem sie in die Hände kommt, und es däucht mir eine annehmliche Klugheitsregel, da wo es keine Überzeugungsgründe gibt, um durch die Vernunft zu siegen, das Gefühl nicht zu choquiren. Ein ganz anderes wäre es, wenn eben diese Anzeige in einem literarischen Blatt stünde; hier ist man befugt und verpflichtet, alles zu würdigen, und in’s Detail zu gehen. In einer politischen Zeitung kann nur das muthmaßlich allgemein Interessirende Platz finden, nicht was gefallen sollte, sondern, wie Boufflers sagt, was gefällt.

Ich habe mit großem Vergnügen diesen Boufflers gelesen; er ist überaus schön geschrieben und enthält charmante Bemerkungen, so gut gedacht als gesagt. Freilich ist eine gewisse Enge und Dürftigkeit darin. Wenn er zuweilen der Hospitalité, wegen auch von den Deutschen Notiz nimmt, so kommt es gar lächerlich heraus; man sieht ihm an, daß es nichts weiter als ein Trinkgeld ist, und daß er nicht viel dabei denkt.

Garve hör’ ich, soll jetzt auch gestorben seyn. Wieder einer aus dem goldnen Weltalter der Literatur weniger! wird uns Wieland sagen.

In Chursachsen ist das Niethhammerische Journal verboten worden.

Den Anschlag des Buchdrucker Gädike finde ich sehr mäßig; ich sollte denken daß Cotta die Arbeit bei sich nicht wohlfeiler haben kann.

Es wäre mir jetzt doch lieb, wenn Sie den Frankfurtern bald wollten zu wissen thun lassen, daß die drei Wallensteinischen Stücke für 60 Ducaten zu haben sind: denn ich möchte gern bald wissen, ob die Edition für’s Reich noch nöthig oder nicht, da Kotzebue noch nicht wieder geantwortet und wahrscheinlich doch im Verhafte sitzt. Der Wallenstein bleibt das ganze Jahr 1799 ungedruckt, das kann den Frankfurtern auch geschrieben werden.

Wissen Sie noch nicht bestimmt, ob Sie Ihre theatralische Mutter aus Regensburg auf den nächsten Monat schon bekommen?

Die Arbeit ist in den letzten Tagen schlecht vorgerückt. Das Sudelwetter, das mir sonst nicht so unhold ist, hat mich doch sehr mitgenommen, und schon der traurige Anblick des Himmels und der Erde drückt die Seele nieder.

Leben Sie nur so wohl als es jetzt irgend angeht. Herzlich grüßen wir Sie beide.

Sch.

H 557 | S 554 | B 556