506. An Schiller

Weimar, den 27. August 1798

Indem ich Ihren Boten erwarte, so finde ich daß ich Sie noch einmal aufmuntern sollte herüber zu kommen, wenn Sie es mit dem Almanach und dem Gange seines Drucks einigermaßen einrichten können; denn

  1. ist das leidige Wetter, das noch eine Zeit lang anzuhalten droht, im Garten weniger genießbar als in einem vielzimmrigen Hause.
  2. Wird Sie der Theaterbau unterhalten.
  3. Geht am Freitag das complete Stück der Propyläen weg, zu dem Sie Ihren Segen ertheilen sollten.
  4. Wird zu dem neuen Anstalt gemacht, zu welchem Ihr Rath sehr erfreulich wäre.
  5. Sind allerlei naturhistorische Observationen in Bewegung, wovon die Resultate Sie auch gewiß erfreuen werden, und was ich noch alles Sie zu verleiten sagen könnte.

Beherzigen Sie übrigens Ihren Vortheil und Ihre Bequemlichkeit, bringen Sie aber, wenn Sie kommen, den Wallenstein mit, denn wir müssen viel auf einmal thun. Wie die Sache mit dem Theater gegenwärtig steht kann ich nicht weg. Leben Sie recht wohl und entschließen Sie sich wo möglich auf das kürzeste. In vierzehn Tagen stehen die Sachen so daß ich wieder nach Jena gehen kann und bis zu Ende Septembers bleibe. Leben Sie recht wohl und thun Sie was möglich ist.
G.

H 501 | S 496 | B 497

505. An Schiller

Weimar, den 27. August 1798

Da unsere Rechnung wegen des Manuscripts mit des Setzers Bedürfnissen nicht zusammentrifft, so muß ich noch ein paar Bogen nachschicken und bitte deshalb um Niobe. Was wir von der typographischen Seite verlieren, gewinnen wir an der Stärke der Ladung, die wir auf einmal in’s Publicum werfen. Haben Sie die Güte dem Überbringer, den ich deswegen expreß abschicke, das Manuscript der Niobe mitzugeben. Leben Sie recht wohl und halten Sie wo möglich Ihr Versprechen mich zu besuchen.

G.

H 500 | S 495 | B 496

504. An Schiller

Weimar, den 25. August 1798

Ich habe so eben unseren Theaterbau besucht, wo alles sehr rasch geht. In der Mitte der künftigen Woche wird die Decke fertig, das leichte Gerüst herausgenommen und der größte Schmutz getilgt seyn, alsdann wird man sich schon einen Begriff von der Intention machen können. Ich hoffe es soll deßwegen auch recht artig werden, weil von gewissen Plätzen aus das Publicum sich wechselsweise selbst sieht, auch werden sehr viel Menschen hineingehen.

Es wäre sehr artig wenn Sie uns bald besuchten, wir würden manches Capitel durchsprechen können, und der Bau würde Sie des Tags ein paar Stunden unterhalten. Vielleicht gäb’ Ihnen auch der Anblick eines Theaters neue dramatische Anlässe.

Heute sage ich nicht mehr, denn der gestrige Hochzeitgenuß hat nicht die beste Stimmung hinterlassen. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

G.

H 499 | S 494 | B 495

503. An Goethe

Jena, den 24. August 1798

Da unser Herzog nun wieder da ist, so scheint der Termin Ihrer Hieherkunft sich wieder zu verrücken; ich werde mich binnen der Zwischenzeit meiner Pflichten und Sorgen für den Almanach zu entledigen suchen, um, wenn Sie kommen und die Mittheilungen wieder anfangen, den letzten schwersten Schritt zum Wallenstein thun zu können. Da Sie einmal Lust haben, in die Ökonomie des Stücks hineinzugehen, so will ich gelegentlich das Schema dazu in Ordnung bringen, das in meinen Papieren zerstreut liegt, indem es Ihnen, eh’ das Ganze selbst ausgeführt ist, die Übersicht erleichtern kann.

Ich bin verlangend Ihre neuen Ideen über das Epische und Tragische zu hören. Mitten in einer tragischen Arbeit fühlt man besonders lebhaft, wie erstaunlich weit die beiden Gattungen auseinander gehen. Ich fand dieß auf eine mir selbst überraschende Weise bei der Arbeit an meinem fünften Acte, die mich von allem ruhig Menschlichen völlig isolirte, weil hier ein Augenblick fixirt werden mußte, der nothwendig vorübergehend sein muß. Dieser so starke Absatz, den meine Gemüthsstimmung hier gegen alle übrigen freieren menschlichen Zustände machte, erweckte mir beinahe eine Furcht, mich auf einem zu pathologischen Wege zu befinden, weil ich das meinem Individuum zuschrieb, was die Natur des Geschäfts mit sich brachte. Aber so ist es mir ein Beweis mehr, daß die Tragödie nur einzelne außerordentliche Augenblicke der Menschheit, das Epos dagegen, wobei jene Stimmung nicht wohl vorkommen kann, das Beharrliche, ruhig fortbestehende Ganze derselben behandelt und deßwegen auch den Menschen in jeder Gemüthsfassung anspricht.

Ich lasse meine Personen viel sprechen, sich mit einer gewissen Breite herauslassen; Sie haben mir darüber nichts gesagt und scheinen es nicht zu tadeln. Ja Ihr eigener Usus sowohl im Drama als im Epischen spricht mir dafür. Es ist zuverlässig, man könnte mit weniger Worten auskommen, um die tragische Handlung auf- und abzuwickeln, auch möchte es der Natur handelnder Charaktere gemäßer scheinen. Aber das Beispiel der Alten, welche es auch so gehalten haben und in demjenigen was Aristoteles die Gesinnungen und Meinungen nennt, gar nicht wortkarg gewesen sind, scheint auf ein höheres poetisches Gesetz hinzudeuten, welches eben hierin eine Abweichung von der Wirklichkeit fordert. Sobald man sich erinnert, daß alle poetische Personen symbolische Wesen sind, daß sie, als poetische Gestalten, immer das Allgemeine der Menschheit darzustellen und auszusprechen haben, und sobald man ferner daran denkt, daß der Dichter so wie der Künstler überhaupt auf eine öffentliche und ehrliche Art von der Wirklichkeit sich entfernen und daran erinnern soll daß er’s thut, so ist gegen diesen Gebrauch nichts zu sagen. Außerdem würde, däucht mir, eine kürzere und lakonischere Behandlungsweise nicht nur viel zu arm und trocken ausfallen, sie würde auch viel zu sehr realistisch hart und in heftigen Situationen unausstehlich werden, dahingegen eine breitere und vollere Behandlungsweise immer eine gewisse Ruhe und Gemüthlichkeit, auch in den gewaltsamsten Zuständen die man schildert, hervorbringt.

Richter war dieser Tage hier, er ließ sich aber zu einer ungeschickten Stunde bei mir melden daß ich ihn nicht annahm. Matthisson, dem ich vor einigen Wochen etwas Schönes über seine Beiträge und deren Anzahl sagte, hat mir wieder ein Gedicht geschickt; so wächst der Almanach nach und nach zu der gebührenden Größe an. Auch Gries hat einiges an kleinen Sachen gesendet, was sich brauchen läßt. Göpferdt ist noch nicht über den zweiten Bogen.

Leben Sie recht wohl; vielleicht komme ich nächste Woche auf einen Tag, und sehe dann vielleicht auch das theatralische Bauwesen. Wenn Sie wieder kommen, finden Sie auch mein Häuschen in Ordnung, das wir morgen einweihen werden. Damit geht mir auch eine ruhigere Epoche an.

Meine Frau grüßt Sie bestens, sie hat sich gefreut Sie neulich doch einen Augenblick zu sehen.

Sch.

H 489 | S 493 | B 494

502. An Schiller

Weimar, den 22. August 1798

Die Musen und Grazien von Oberroßla hatten Ihre Gegenwart mehr gewünscht als gehofft, das Wetter war gar zu übel und in regenlosen Momenten war doch kein Spaziergang als auf den Gänserasen möglich. Vielleicht finden wir bald wieder Gelegenheit uns dort anzutreffen. Über Wallenstein habe ich indessen vieles gedacht und mir die ersten Acte wieder in’s Gedächtniß gerufen. Wenn ich wieder zu Ihnen komme dächt’ ich wir fingen wieder von vorn an, weil ich nun das Ganze weiß, besonders da es Sie an der Ausführung nicht hindert, wenn jemand mitspricht. Ich wünsche je eher je lieber eine klare Übersicht darüber zu haben, noch mehr aber es vollendet zu sehen. Es wird sehr hoch stehen wenn es fertig ist, ich wünsche Ihnen zum Nachsommer noch gute Stimmung.

Wenn Sie recht klopfen, sägen, hämmern, hobeln hören wollen, so sollten Sie sich jetzt Tags ein paar Stunden in’s Theater setzen; es geht sehr rasch und wird recht artig werden.

Ich habe wieder neue Grillen über das Tragische und Epische, die ich Ihnen bei der nächsten Zusammenkunft mittheilen will. Bis auf den Sonnabend weiß man wohl wann Durchlaucht der Herzog kommen wird. Verzieht sich seine Ankunft bis in den September, so bin ich bald wieder bei Ihnen.

Der erste Bogen Laokoon ist angekommen, der Druck nimmt sich ganz heiter aus, die Einleitung habe ich nochmals durchgegangen, der Inhalt ist ausgezogen; auf den nächsten Brief Cotta’s schicke ich den Überrest fort, und so wäre denn auch dies Schifflein vom Stapel gelaufen.

Meyer grüßt schönstens und hat wieder mancherlei Gutes in der Arbeit. Ich freue mich über den plastischen Einfluß der zurückgelassenen Bilder; mir scheint er täglich unentbehrlicher.

Leben Sie recht wohl; mich verlangt recht herzlich wieder nach der gewohnten täglichen Unterhaltung. Grüßen Sie Ihre liebe Frau aufs beste.

G.

H 497 | S 492 | B 493

501. An Goethe

Jena, den 21. August 1798

Das Wetter allein hat mich, am Freitag und Sonnabend, von dem versprochenen Besuch abgehalten, indem ich doch auch gewünscht hätte, Ihre Besitzungen zu durchwandern, welches bei dem Regenwetter nicht wohl anging. Ich kann mich gar nicht daran gewöhnen fast eine Woche nichts von Ihnen zu sehen und zu hören; unterdessen habe ich einige Dutzend Reime gemacht und bin eben an der Ballade, wobei ich mir die Unterhaltung verschaffe, mit einer gewissen plastischen Besonnenheit zu verfahren, welche der Anblick der Kupferstiche in mir erweckt hat.

Daß ich Ihnen die zwei letzten Acte vom Wallenstein vorlas, und mich von Ihrem Beifall überzeugen konnte, ist eine wahre Wohltat für mich gewesen, und wird mir den Muth geben und erhalten, den ich zur Vollendung des Stücks noch so nöthig brauche.

Auf der andern Seite hingegen könnte es mich beinah traurig machen, daß ich nun nichts mehr vor mir habe, worauf ich mich bei dieser Arbeit so recht freuen kann; denn Ihnen das fertige Werk vorzulesen und Ihrer Zufriedenheit gewiß zu seyn, war im Grund meine beste Freude, denn bei dem Publicum wird einem das wenige Vergnügen durch so viele Mißtöne verkümmert.

Humboldten habe ich vorigen Freitag geantwortet und ihm von dem Schicksal seiner Schrift Nachricht gegeben, die ihn hoffentlich ganz zufrieden stellen wird.

Eben unterbricht mich unser Prorector Paulus. Ich schreibe morgen Abend ein mehrers.

Leben Sie recht wohl. Meine Frau grüßt auf’s beste.

Sch.

H 496 | S 491 | B 492

500. An Goethe

Jena, den 31. Juli 1798

Der Aufsatz über die plastische Kunst der Hetrurier ist durch seine strenge und nüchterne Wahrheit zwar ein wenig mager, aber das darf der Arbeit selbst nicht zum Vorwurfe gereichen. Derjenige wird immer trocken erscheinen, der ein beliebtes Vorurtheil in seiner Blöße darstellt, und die Einbildungskraft in strenge Sachgränzen zurückweist. Mich freute dieser Aufsatz, weil ich einen klaren und genugthuenden Begriff von dem Gegenstand bekam, über welchem mir immer ein Dunkel gelegen hatte. Einige schwerfällige Perioden, z. B. gleich der erste, würden wohl noch verbessert werden können.

Es ist ein sehr guter Gedanke vom alten Meister gewesen, die Dürftigkeit des Stoffs, bei dem zweiten Briefe auf eine so anmuthige Art, wie er gethan hat, zu verstecken, wodurch dieser, an Sachen viel ärmere, zweite Brief noch sogar unterhaltender als der erste wird, bei dem man viel mehr lernt. Beide sind, jeder auf seine Weise, sehr zweckmäßige Beiträge zu der Sammlung.

Vor der Feierlichkeit, die in Ihrer Einleitung herrschen wird, ist mir nicht bange, denn was Sie feierlich nennen und was es auch ist, möchte dem deutschen Publicum im Ganzen es noch nicht seyn und bloß als ernstlich und gründlich erscheinen. Diese Einleitung erwarte ich mit großer Begierde.

Zum Almanach sind wieder einige nicht unbrauchbare Beiträge gekommen, aber die gehörige Zahl ist noch immer nicht beisammen, wenn ich auch gleich meinen möglichen Antheil auf etlich und zwanzig Blätter rechne. Zwar erhielt ich gestern auf einmal und von einem einzelnen freiherrlichen Autor so viel Gedichte zugeschickt, um mehr als den halben Almanach damit zu füllen, aber, den Unwerth abgerechnet, unter der tollen Bedingung daß die ganze Suite abgedruckt werden sollte, wobei gegen fünfzig Seiten Gelegenheitsgedichte befindlich waren.

Ich selbst bin dieser Tage in einer ganz guten Stimmung zur Arbeit gewesen. Etwas ist auch fertig geworden und ein anderes auf dem Wege, es zu werden.

Ein Correcturbogen des Almanachs ist noch nicht gekommen.

Bei Scherern, den ich gestern sprach, ist mir eine Bemerkung wieder eingefallen, die Sie mir voriges Jahr über ihn machten. Es ist eine ganz gemüthlose Natur, und so glatt daß man sie nirgends fassen kann. Bei solchen Naturellen ist es recht fühlbar, daß das Gemüth eigentlich die Menschheit in dem Menschen macht, denn man kann sich, solchen Leuten gegenüber nur an Sachen erinnern, und das Menschliche in einem selbst ganz und gar nirgends hinthun.

Leben Sie recht wohl und machen daß Sie Ihre Geschäfte in W. bald los sind. Ich empfehle Ihnen, was Sie mir oft vergebens rathen, es zu wollen und frisch zu thun.

Meine Frau grüßt Sie. Seit einigen Tagen befinden wir uns wieder allein.

Sch.

H 495 | S 490 | B 491

499. An Schiller

Weimar, den 28. Juli 1798

Ihr Brief ist mir heut spät zugekommen. Schärfen Sie doch der Botenfrau ein daß sie die Briefe gleich selbst bringt. Diese Leute machen sich’s manchmal bequem und geben die Sachen an kleine Knaben, die sich im Herumtragen verspäten.

Kant’s Zurechtweisung des Saalbaders ist recht artig. Es gefällt mir an dem alten Manne daß er seine Grundsätze immer wiederholen und bei jeder Gelegenheit auf denselben Fleck schlagen mag. Der jüngere praktische Mensch thut wohl von seinen Gegnern keine Notiz zu nehmen, der ältere, theoretische muß niemanden ein ungeschicktes Wort passiren lassen. Wir wollen es künftig auch so halten.

Es freut mich herzlich daß Humboldt Ihren Brief so freundlich aufgenommen hat. Sein Ernst, sein Talent, sein Streben, sein guter Wille, seine Neigung, seine Freundschaft verdienen eine redliche und freundliche Erwiederung; er wird nun auch meinen Brief mit der Euphrosyne bald erhalten. Aufrichtig aber will ich gestehen, daß ich nicht sehe wie es möglich seyn soll eine Revision seiner Arbeit, wie er sie vorschlägt, zu veranstalten. Denn wenn Sie, nach Ihrer Vorstellung, daran zu rücken anfangen, so wird ja das Gebäude mehr geregt, als daß es in allen seinen Fugen bleiben könnte. Nach meiner Vorstellungsart ließe sich so etwas kaum durch Gegenwart und Gespräch leisten.

Was noch allenfalls zu Gunsten der Schlegel zu sagen wäre wollen wir auf eine mündliche Unterhaltung versparen. Ich wünsche die Fragmente eigens mit Ihnen durchzugehen; als Veranlassung zum interessanten Gespräch werden sie gewiß sehr dienen, selbst indem sie zum Widerspruch aufregen. Wie glücklich würde ich mich finden wenn ich schon wieder in Ihrer Nähe wäre.

An Cotta ist die erste Sendung fort, hierbei theile ich die zweite mit und wünsche sie auf den Mittwoch wieder zu erhalten. Zeigen Sie mir ja an was Sie über den Stoff und über Vortrag denken.

Die Einleitung vom ersten Stück wird auch nicht lange außen bleiben; sie scheint mir ein klein wenig zu feierlich, doch ist es ja, wie Freund Humboldt sagt, der deutsche Charakter, und die Sache selbst ist, wenn man sie näher besieht, ernsthaft genug. Man muß nachher im Einzelnen wo sich’s schickt desto muntrer und durchaus natürlich heiter seyn.

In der Anzeige der neuen Anaglyphik gebe ich ein Beispiel wie man wohl sogar jedes mechanisch Einzelne an das Allgemeine der geistigen Kunst immer künftig anschließen sollte.

Ich mache auch schon das zweite Stück zurecht und hoffe bald bis in’s dritte und vierte vorgearbeitet zu haben und wenigstens zum Theil die reinlichen Abschriften vor mir liegen zu sehen. Was mich freut, das ist gerade hieran eine Arbeit zu finden die ich recht bequem in Weimar machen kann.

Ich wünsche bald zu hören daß Ihr Antheil zum Almanach im Wachsen ist. Vielleicht schicke ich auch noch was. Senden Sie mir doch gleich den ersten gedruckten Bogen.

G.

H 494 | S 489 | B 490

498. An Goethe

Jena, den 27. Juli 1798

Mein Brief an Humboldt ist ungewöhnlich schnell gelaufen und so auch seine Antwort, die ich Ihnen hier beilege. Er ist wie Sie finden werden ganz wohl damit zufrieden gewesen. Freilich kommt mir die Durchsicht seines Werks, die er jetzt noch von mir erwartet, etwas ungelegen, und das Corrigiren in fremde Arbeiten ist eine eben so undankbare als schwierige Arbeit. Neugierig bin ich, was die eigentlich kritische Welt, besonders die Schlegel’sche zu diesem Humboldtischen Buche sagen wird.

Einen gewissen Ernst und ein tieferes Eindringen in die Sachen kann in den beiden Schlegeln, und dem jüngern insbesondere nicht absprechen. Aber diese Tugend ist mit so vielen egoistischen und widerwärtigen Ingredienzien vermischt, daß sie sehr viel von ihrem Werth und Nutzen verliert. Auch gestehe ich, daß ich in den ästhetischen Urtheilen dieser beiden eine solche Dürre, Trockenheit und sachlose Wortstrenge finde, daß ich oft zweifelhaft bin, ob sie wirklich auch zuweilen einen Gegenstand darunter denken. Die eigenen poetischen Arbeiten des ältern bestätigen mir meinen Verdacht, denn es ist mir absolut unbegreiflich, wie dasselbe Individuum, das Ihren Genius wirklich faßt und Ihren Hermann z. B. wirklich fühlt, die ganz antipodische Natur seiner eignen Werke, diese dürre und herzlose Kälte auch nur ertragen, ich will nicht sagen schön finden kann. Wenn das Publicum eine glückliche Stimmung für das Gute und Recht in der Poesie bekommen kann, so wird die Art wie diese beiden es treiben, jene Epoche eher verzögern als beschleunigen; denn diese Manier erregt weder Neigung und Vertrauen noch Respect, wenn sie auch bei den Schwätzern und Schreiern Furcht erregt, und die Blößen, welche die Herren sich, in ihrer einseitigen und übertreibenden Art, geben, wirft auf die gute Sache einen fast lächerlichen Schein.

Kant hat zwei Sendschreiben an Nicolai über die Buchmacherei drucken lassen, worin er ihm einige derbe Dinge sagt und ihn sehr verächtlich abfertigt. Vielleicht kann ich das Schriftchen heute noch bekommen und beilegen.

Leben Sie recht wohl für heute. Ich habe große Familiengesellschaft von Weimar und Rudolstadt im Hause. Meine Frau grüßt schönstens.

Sch.

N. S.

Den Humboldtischen Brief und das Schriftchen von Kant sind Sie wohl so gütig, der Botenfrau wieder mitzugeben.

H 493 | S 488 | B 489

497. An Schiller

Weimar, den 25. Juli 1798

Mit Ihrer Ausgleichung der Differenz zwischen Meyer und mir bin ich sehr wohl zufrieden. Sie erlauben daß ich gelegentlich, wenn ich an diese Materie komme, mich Ihrer Worte bescheidentlich bediene.

Heute geht endlich der erste Transport an Cotta ab. Gern hätte ich das Manuscript Ihnen nochmals zugesendet, indessen ist es mit Meyern, als wie in Ihrer Gegenwart, nochmals durchgegangen worden. Das wenige was über plastische und architektonische Reste der Etrurier gesagt werden kann, werden Sie etwa Sonnabends erhalten. Das ganze erste Stück wird in kurzem beisammen seyn und die andern werden sogleich fertig, indem das fertige einen productiven Einfluß auf das folgende zeigt.

Des schon bearbeiteten Stoffs liegt eine große Masse bereit und der zu bearbeitende ist unendlich.

Der Titel Sängerwürde übertrifft an Vortrefflichkeit alle meine Hoffnungen. Möge ich das edle Werk doch bald gedruckt sehen. Ich habe niemanden weiter etwas davon gesagt.

Ritters Vortrag ist freilich dunkel und für den der sich von der Sache unterrichten will nicht angenehm. Er befindet sich gegenwärtig in Belvedere bei Scherer und ich habe nun doppelte Ursache auf den ganzen Kreis der Versuche Acht zu geben, da mein Zweck dabei sein muß, Sie bequemer damit bekannt zu machen.

Das Schlegel’sche Ingrediens in seiner ganzen Individualität scheint mir denn doch in der Olla potrida unsers deutschen Journalwesens nicht zu verachten. Diese allgemeine Nichtigkeit, Parteisucht für’s äußerst Mittelmäßige, diese Augendienerei, die Katzenbuckelgebärden, diese Leerheit und Lahmheit in der die wenigen guten Producte sich verlieren, hat an einem solchen Wespenneste, wie die Fragmente sind, einen fürchterlichen Gegner. Auch ist Freund Ubique, der das erste Exemplar erhielt, schon geschäftig herumgegangen, um durch einzelne vorgelesene Stellen das Ganze zu discreditiren. Bei allem was Ihnen daran mit Recht mißfällt kannn man denn doch den Verfassern einen gewissen Ernst, eine gewisse Tiefe und von der andern Seite Liberalität nicht abläugnen. Ein Dutzend solcher Stücke wird zeigen wie reich und perfectibel sie sind.

Wilhelm schickt mir beiliegendes Gedicht für den Almanach, welches ich aber keinesweges empfehlen, ja nicht einmal vertheidigen will. An der Legende selbst ist schon nicht viel: denn daß ein Sultan ein Mädchen verschenkt, will wohl nichts heißen. Ferner sind dem Gegenstande nicht einmal die artigen Motive, die man daraus herleiten könnte, abgewonnen. der Vortrag ist nicht durchsichtig und klar und was sich sonst noch zu Ungunsten der Arbeit sagen ließe. Genau besehen ist’s wieder ein Pygmalion, wobei sich das falsche Streben abermals zeigt, die Angelegenheiten der bildenden Kunst poetisch zu behandeln. Ich will einige freundliche Einwendungen dagegen machen und ihm rathen nochmals Hand daran zu legen, dadurch wird wenigstens interloquirt.

Leider hat er auch ein Gedicht auf die Huldigung des Königs drucken lassen, welches keineswegs glücklich ist, mir aber doch gestern zu einem humoristischen Gespräch Gelegenheit gab, worin ich es gegen jene Partei vertheidigte, welche durch den gestiefelten Kater gekrallt worden.

Die anaglyphischen Versuche rücken recht schön zu. Ein Kauz auf einer Leyer, der die Rückseite des Almanachs zieren soll, wird von Freund Meyer nach der Natur gezeichnet und sorgfältig nachgebildet werden, um zu zeigen was man auch in diesem Fache sich von der neuen Manier versprechen könne.

Leben Sie recht wohl. Empfehlen Sie mich den Ihrigen. Alle Tage erliege ich schier der Versuchung wieder zu Ihnen zu kommen, doch der strömende Lauf unserer kleinen Unternehmungen hält mich jedesmal ab. In vierzehn Tagen soll das innere Gerippe unserer neuen Theatereinrichtung schon stehen; die cannelirten Säulen sind unter der Condition verdingt daß sie den 7ten August zur Stelle geliefert werden, und was der Späße mehr sind. Thouret und Heidlof malten am Vorhange. Schaffen Sie uns nur noch jetzt den Wallenstein zur Stelle.

Nochmals ein Lebewohl.

G.

H 492 | S 487 | B 488

496. An Goethe

Jena, den 23. Juli 1798

Ihr erster anaglyphischer Versuch läßt viel Gutes von dieser Unternehmung erwarten. Ich hatte Anfangs nur den kleinen Anstand ob das Ganze nicht einen zu sehr zusammengestückelten Anblick geben wird, so wie die gedruckten Musiknoten. Vielleicht aber habe ich Ihre Idee nicht ganz gefaßt, und es kann alles wie aus Einem Stück gemacht erscheinen.

Ich habe, weil der Druck des Almanachs jetzt angefangen ist, Ihr Poetengedicht taufen müssen, und finde gerade keinen passendern Titel als Sängerwürde, der die Ironie versteckt, und doch die Satyre für den Kundigen ausdrückt. Wünschen Sie, oder wissen Sie gleich einen bessern, so bitte, es mir morgen zu melden, weil ich das Gedicht bald in die Druckerei geben möchte.

In Ihrem Streit mit Meyern scheint mir dieser ganz recht zu haben. Ob sich gleich das Schöne-Naive in keine Formel fassen und folglich auch in keiner solchen überliefern läßt, so ist es doch seinem Wesen nach dem Menschen natürlich, da die entgegengesetzte sentimentale Stimmung ihm nicht natürlich, sondern eine Unart ist. Indem also die Schule diese Unart abhält oder corrigirt und über dne natürlichen Zustand wacht, welches sich recht wohl denken läßt, so muß sie den naiven Geist nähren und fortpflanzen können. Die Natur wird das Naive in jedem Individuum, der Art, wenn gleich nicht dem Gehalt nach, hervorbringen und nähren, sobald nur alles weggeräumt wird, was sie stört; ist aber Sentimentalität schon da, so wird die Schule wohl nicht viel thun können. Ich kann nicht anders glauben als daß der naive Geist, welchen alle Kunstwerke aus einer gewissen Periode des Alterthums gemeinschaftlich zeigen, die Wirkung, und folglich auch der Beweis für die Wirksamkeit der Überlieferung durch Lehre und Muster ist.

Nun wäre aber die Frage, was sich in einer Zeit wie die unsrige von einer Schule für die Kunst erwarten ließe. Jene alten Schulen waren Erziehungsschulen für Zöglinge, die neuern müßten Correctionshäuser für Züchtlinge seyn, und sich dabei, wenn Armuth des productiven Genie’s, mehr kritisch als schöpferisch bildend beweisen. Indessen ist keine Frage daß schon viel gewonnen würde, wenn sich irgendwo ein fester Punkt fände oder machte, um welchen sich das Übereinstimmende versammelte; wenn in diesem Vereinigungspunkt festgesetzt würde was für kanonisch gelten kann und was verwerflich ist, und wenn gewisse Wahrheiten, die regulativ für die Künstler sind, in runden und gediegenen Formeln ausgesprochen und überliefert würden. So entstünden gewisse symbolische Bücher für Poesie und Kunst, zu denen man sich bekennen müßte, und ich sehe nicht ein, warum der Sectengeist der sich für das Schlechte sogleich zu regen pflegt, nicht auch für das Gute geweckt werden könnte. Wenigstens scheint mir’s, es ließe sich eben so viel zum Vortheil einer ästhetischen Confession und Gemeinheit anführen, als zum Nachtheil einer philosophischen.

Ich habe heute Ritters Schrift über den Galvanism in die Hand bekommen, aber obgleich viel Gutes darin ist, so hat mich die schwerfällige Art des Vortrags doch nicht befriedigt und auf eine Unterhaltung mit Ihnen über diese Materie nur desto begieriger gemacht.

Was sagen Sie zu dem neuen Schlegel’schen Athenäum, und besonders zu den Fragmenten? Mir macht diese naseweise, entscheidende, schneidende und einseitige Manier physisch wehe. Leben Sie recht wohl und kommen bald herüber. Meine Frau und Schwiegermutter empfehlen sich Ihnen bestens.

Sch.

H 491 | S 486 | B 487

495. An Schiller

Weimar, den 21. Juli 1798

Es ist mein recht herzlicher Wunsch, daß sich die Stimmung zu einer poetischen Arbeit recht bald wieder bei Ihnen finden möchte. Leider ist Ihre Lage im Garten von einer Seite so ungünstig als sie von der andern günstig ist, besonders da Sie sich mit dem Bauen eingelassen haben. Ich kenne leider, aus frühern Zeiten, diese wunderbare Ableitung nur allzusehr, und habe unglaublich viel Zeit dadurch verdorben. Die mechanische Beschäftigung der Menschen, das handwerksmäßige Entstehen eines neuen Gegenstandes, unterhält uns angenehm, indem unsere Thätigkeit dabei Null wird. Es ist beinahe wie das Tabakrauchen. Eigentlich sollte man mit uns Poeten verfahren wie die Herzoge von Sachsen mit Luthern, uns auf der Straße wegnehmen und auf ein Bergschloß sperren. Ich wünschte man machte die Operation gleich mit mir und bis Michael sollte mein Tell fertig seyn.

Da das elegische Sylbenmaß sich nach allen Seiten hin bewegen läßt, so zweifle ich gar nicht an einem glücklichen Erfolge einer lyrischen Behandlung. Ich erinnere mich schon selbst in früherer Zeit eine ähnliche Intention gehabt zu haben.

Aus der Beilage sehen Sie daß unser erster anaglyphischer Versuch gut genug gerathen ist; der Abdruck ist nur aus freier Hand gemacht; wo das Kreuzchen steht ist er am besten gerathen, und Sie werden leicht sehen daß sich diese Arbeit sehr hoch treiben läßt. Der Einfall macht mir sehr viel Spaß. Facius ist gerade der Mann um so was auszuführen, und unser Meyer, indem er weiß was sich in dieser beschränken Art thun läßt, wird durch seine Zeichnung das Unternehmen heben. Wir wollen zum Almanach eine ähnliche, jedoch sehr reiche Decke besorgen, sie soll alsdann auf farbig Papier abgedruckt und mit harmonirenden Farben illuminirt werden. Das alles zusammen wird nicht theurer zu stehen kommen als eine Kupferdecke mit Stich und schwarzem Abdruck. Ich bin überzeugt, wenn es einmal im Gange ist, so muß es, besonders da nun viele Bücher geheftet ausgegeben werden, sich als Deckenzierrath sehr weit verbreiten.

Übrigens habe ich mich mit Redaction meiner eignen und der Meyer’schen Aufsätze beschäftigt. In acht Tagen wird das erste Manuscript abgehen; indem ich mich daran halte, so wird zugleich das nächste Stück fertig und ich sehe von dieser Seite einen weiten Raum vor mir.

Diese Tage habe ich mehrere Stunden mit Herrn von Marum zugebracht. Es ist eine gar eigne, gute, verständige Natur. Er hat sich viel mit Electricität abgegeben; ich wünsche daß er länger hier bleiben könnte, so würde man auch mit diesem Theil geschwind zu Rande seyn; er empfahl mir den dritten Theil seiner Schriften, in welchem die neuesten Resultate dieses wichtigen Capitels der Naturlehre aufgezeichnet seyen.

Eins will ich nicht läugnen daß mich indessen die Redaction der Meyer’schen Arbeiten unglücklich macht. Diese reine Beschreibung und Darstellung, dieses genaue und dabei so schön empfundene Urtheil fordert den Leser unwiderstehlich zum Anschauen auf. Indem ich diese Tage den Aufsatz über die Familie der Niobe durchging, hätte ich mögen anspannen lassen um nach Florenz zu fahren.

Die Romane der Frau von Staël kenne ich, es sind wunderliche passionirt gedachte Productionen.

Ich war diese Tage mit Meyern in einer kleinen Differenz über die wir uns noch nicht ganz ausgesprochen haben; er behauptete, daß sogar das genialisch Naive in einem gewissen Sinne durch Schule überliefert werden könne, und er mag wohl recht haben wenn man den Ausdruck nur so motivirt: daß die Aufmerksamkeit des Künstlers von frühen Jahren an auf den Werth desselben in der bildenden Kunst gerichtet werden könne und solle. Sonderbar scheint es freilich daß in unserer Zeit sogar die Idee davon völlig verloren gegangen ist, wie aus dem neulichen Vorschlag Danneckers zu einem Basrelief erhellet und wie uns in Gesprächen von Thouret, welcher der Repräsentant einer großen Masse ist, indem er Künstler und Publicum zugleich vorstellt, auf’s neue so sehr aufgefallen ist. Sein Jahrhundert kann man nicht verändern, aber man kann sich dagegenstellen und glückliche Wirkungen vorbereiten. Einer meiner nächsten Aufsätze soll den Titel führen: über die Hindernisse die dem modernen Künstler im Wege stehen, vom Gestaltlosen zur Gestalt zu gelangen. Der Raum läßt mir nur noch ein Lebewohl zu.

G.

H 490 | S 485 | B 486

494. An Goethe

Jena, den 20. Juli 1798

Mit dem bessern Wetter finde ich mich auch wieder besser und thätiger, und nach und nach scheint es auch zu einer lyrischen Stimmung bei mir kommen zu wollen. Ich habe bemerkt daß diese unter allen dem Willen am wenigsten gehorcht, weil sie gleichsam körperlos ist, und wegen Ermangelung eines materiellen Anhalts nur im Gemüthe sich gründet. In den vorigen Wochen habe ich eher Abneigung als Lust dazu empfunden, und bin aus Unmuth auf einige Tage zum Wallenstein zurückgekehrt, der aber jetzt wieder zurückgelegt wird.

Würden Sie es schicklich finden einen Hymnus in Distichen zu verfertigen? oder ein in Distichen verfertigtes Gedicht, worin ein gewisser hymnischer Schwung ist, ein Hymnus zu nennen?

In Ihrem theatralischen Bauwesen werden Sie sich durch die Bedenklichkeitskrämer nicht irre machen lassen. Ich berührte jenes Dubium auch bloß deßwegen, weil mir gesagt wurde, daß Thouret selbst sich so geäußert habe.

Mein Bau geht nicht so lebhaft fort; es ist sehr schwer jetzt in der Ernte, die hier schon zum Theil angefangen, Arbeiter zu bekommen, welche mir zu Verfertigung eines Strohdachs und zum Ausstaken der Wände nöthig sind. Heute habe ich endlich den Trost, das Häuschen unter Dach bringen zu sehen. Diese Arbeiten ziehen mich öfters als nöthig ist vom Geschäft ab.

Der Almanach ist nun in die Druckerei gegeben, und Sie werden bei Ihrer Ankunft schon von Ihrer Euphrosyne bewillkommt werden, welche den Reihen würdig beginnt. Ich will hoffen daß uns Guttenberg nicht über die Gebühr aufhalten wird, denn der Almanach wird in der ersten Woche Septembers im Druck fertig, zu welcher Zeit ich also auch Decke und Titelkupfer brauchte.

Ich habe in diesen Tagen Erzählungen der Mad. Staël gelesen, welche diese gespannte, raisonnirende, und dabei völlig unpoetische Natur, oder vielmehr diese verstandesreiche Unnatur sehr charakteristisch darstellen. Man wird bei dieser Lectüre recht fühlbar verstimmt, und es begegnete mir dabei dasselbe, was Sie beim Lesen solcher Schriften zu erleiden pflegen, nämlich daß man ganz die Stimmung der Schriftstellerin annimmt, und sich herzlich schlecht dabei befindet. Es fehlt dieser Person an jeder schönen Weiblichkeit, dagegen sind die Fehler des Buchs vollkommen weibliche Fehler. Sie tritt aus ihrem Geschlecht, ohne sich darüber zu erheben. Indessen bin ich auch in dieser kleinen Schrift auf einzelne recht hübsche Reflexionen gestoßen, woran es ihr nie fehlt, und die ihren durchdringenden Blick über das Leben verrathen.

Leben Sie recht wohl. Ich werde eben durch die Ankunft von zwei Preußischen Uniformen unterbrochen, die zwei Brüder meines Schwagers, die ihren Urlaub in Weimar zubringen werden.

Meine Frau und Schwiegermutter empfehlen sich bestens.

Sch.

H 489 | S 484 | B 485

493. An Schiller

Weimar, den 18. Juli 1798

Ich habe heute keinen Brief von Ihnen erhalten, doch hoffe ich daß es kein Zeichen eines schlimmen Befindens seyn soll.

Mit unserer Theateranlage geht es lebhaft fort, sie wird gewiß auch artig und gewiß auch fest. Es scheint ein unverbrüchliches Naturgesetz zu seyn, daß sich jeder Thätigkeit eine Negation entgegensetzt. Man wünschte so lange eine bessere Einrichtung und jetzt, da die Anstalten dazu gemacht sind, werden Zweifel erregt und herumgetragen, um die Menschen, die wenigstens künftig bequem sitzen werden, durch eine Sorge für ihre Hälse zu incommodiren. Da es aber nur ein altes Mährchen ist das sich repetirt so kann man es wohl geschehen lassen.

Möchten Sie mir wohl

meine zwei Fascikel Reiseacten,
den Aufsatz über die Magneten,
den ältern Aufsatz über die Cautelen des Beobachters,

wenn Sie ihn finden können, nächsten Freitag herüber schicken. Es geht mit den Aufsätzen zur Zeitschrift ganz gut und muß besser gehen wenn sie einmal im Gange ist. Die Hauptschwierigkeit bei der Redaction ist von Anfang daß man die allgemeinen Zwecke immer im Auge habe und bei allem fragmentarischen Wesen auf ein Ganzes hindenke.

Indessen kommen zwischen mir und Meyer sehr interessante Puncte zur Sprache, und man wird künftig mehr Freude an einzelnen, oft kurzen Aufsätzen haben, weil man sie gleich wieder brauchen und mittheilen kann, ohne an strenge Verknüpfung zu denken.

Wenn Sie es nur möglich machen können vor Ende des Jahres auch noch etwas beizutragen.

Diese Woche will ich hier noch thun was möglich ist, vielleicht kann ich die andere wieder zu Ihnen hinüber, denn ich finde hier kaum Stimmung zu ein paar leidlichen prosaischen Perioden. Leben Sie indessen recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und schaffen daß das artige Gartenhäuschen bis zu meiner Ankunft wohnbar sey.

G.

H 488 | S 483 | B 484

492. An Goethe

Jena, den 16. Juli 1798

Humboldts Adresse folgt hier. Es ist ein eigener Zufall daß auch Sie dieses kritische Geschäft in einer gewissen Zerstreuung abtun müssen, nachdem ich mit dem besten Willen gleichfalls nicht die ganze Aufmerksamkeit darauf wenden konnte.

Ich bin leider mit meinen Krämpfen noch immer geplagt und die Unordnung im Schlafen verderbt mir jede Stimmung zur Arbeit. Da ich in diesen Tagen ohnehin mehrere Zerstreuungen habe, so ist der Zeitverlust weniger groß.

Ich bin begierig über Ihre mit den großen eisernen Massen und dem Magnet neu gemachten Entdeckungen. Wenn Ihnen das nächste Vierteljahr nothwendig so zerstückelt werden soll, so wird das Poetische freilich zu kurz kommen, dafür aber können Sie in diesen physischen Dingen desto weiter kommen, welches auch nicht schlimm ist.

Unter Ihren fünf Fächern in die Sie die dualistischen Erscheinungen ordnen, vermisse ich die chemischen, oder lassen sich diese nicht unter jenes Prinzip bringen? – Diese Methode wird, bei der gehörigen Wachsamkeit und Unterscheidungen, am besten kundtun, ob alle Glieder derselben einander koordiniert oder eins dem andenr subordiniert ist.

Zu der Verbesserung im Theater gratulire ich. Wollte Gott, wir könnten dieser äußern Reforme auch mit einer innern im dramatischen Wesen selbst entgegen kommen. Mein Schwager, der gestern hier war, rühmt die Anlage auch sehr, er meinte aber, daß man über die Festigkeit nicht ganz sicher wäre.

Mein Häuschen ist gerichtet, aber jetzt sieht man erst, wie viel noch geschehen muß, eh man darin wohnen kann. Es gewährt eine recht hübsche Aussicht besonders nach dem Mühlthal.

Der Mangold kommt schön hervor.

Leben Sie recht wohl. Meine Frau wie auch meine Schwiegermutter empfehlen sich Ihnen.

S.

Citoyen Humboldt rue de Verneuil Faubourg St. Germain vis à vis la rue St. Marie Nro. 824.

H – | S 482 | B 483

491. An Schiller

Weimar, den 15. Juli 1798

Ich habe endlich, obgleich in großer Zerstreuung, meinen Brief an Freund Humboldt und die Elegie copiren lassen; und da ich eben den besten Willen habe das Paketchen fortzuschicken, fehlt mir die Adresse. Haben Sie doch ja die Güte mir dieselbe bald möglichst zu überschicken.

Der Plan zur Decoration des Theatersaals ist nun regulirt, morgen geht die Arbeit selbst los. Wenn es beisammen ist wird es recht artig aussehen und bequem seyn, mich aber wird es große Aufopferungen kosten, denn das nächste Vierteljahr, wenn es mir auch nicht ganz verloren geht, wird durch dieses Unternehmen doch sehr zerstückt.

Ich will die erste Sendung des neuen Werks an Cotta indessen hier redigiren und sie alsdann zu Ihnen hinüber bringen, um Ihr Urtheil zu hören. Da alles schon fertig ist und hier und da nur etwas zurecht gerückt werden muß, so kann ich in vierzehn Tagen weit kommen.

Mein Schema, wovon ich Ihnen Sonnabend schrieb, macht mir recht guten Humor, indem ich dadurch in der kurzen Zeit schon manche nähere Wege gewonnen habe. Am Ende kommt’s vielleicht gar auf’s Alte heraus, daß wir nur wenig wissen können und daß bloß die Frage ist ob wir es gut wissen. Übrigens bin ich in einer Stimmung daß ich fürchtete die Musen niemals wieder zu sehen, wenn man nicht aus der Erfahrung wüßte, daß diese gutherzigen Mädchen selbst das Stündchen abpassen, um ihren Freunden mit immer gleicher Liebe zu begegnen.

Leben Sie recht wohl; ich will sehen was ich jedem einzelnen Tage abstehlen kann, das mag denn Masse machen, wenn es kein Ganzes macht. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und schreiben mir wenn der Mangold aufgeht, so wie ich auch zu hören wünsche ob das Gartenhäuschen glücklich gerichtet ist.

G.

H 487 | S 481 | B 482

490. An Schiller

Weimar, den 14. Juli 1798

Diese Tage scheinen also uns beiden nicht die günstigsten gewesen zu sein, denn seit ich von Ihnen weg bin, hat mich der böse Engel der Empirie anhaltend mit Fäusten geschlagen. Doch habe ich ihm, zu Trutz und Schmach, ein Schema aufgestellt, worin ich jene Naturwirkungen, die sich auf eine Dualität zu beziehen scheinen, parallelisire, und zwar in folgender Ordnung:

magnetische
elektrische
galvanische
chromatische und
sonore.

Ich werde des Geruchs und Geschmacks nach Ihrem Wunsche nicht vergessen. Die Resultate mögen seyn welche sie wollen, so ist diese Methode äußerst bequem, um die Fragen zu finden die man zu thun hat.

Die gegossenen eisernen Körper sind auch von Ilmenau angekommen. Die Experimente um derenwillen ich sie gießen ließ, sind ausgefallen wie ich’s dachte; aber ein paar neue Phänomene, an die ich nicht denken konnte und die sehr merkwürdig sind, haben sich gezeigt.

Das Gedicht folgt hier wieder zurück, das eine ganz eigne Art von Nullität hat. Die jungen Herrn lernen Verse machen so wie man Düten macht; wenn sie uns nur aber auch darin einiges Gewürz überreichten! Ob es für den Almanach sey weiß ich nicht. Es käme, dünkt mich, darauf an ob Sie Platz haben, denn das Publicum, besonders das weibliche, liebt solche hohle Gefäße, um sein bischen Herz und Geist darein spenden zu können.

Der Riß zum neuen Theater ist nun bestimmt, ja sogar auf dem Fußboden schon aufgezeichnet und nächste Woche wird wohl angefangen werden. Der Gedanke ist sehr artig und anständig, und wenn das Ganze zusammen ist, wird es gewiß gefallen. Es gehen etwa zweihundert Menschen mehr hinein als bisher, und wird doch bei weniger zahlreichen Repräsentationen nicht leer aussehen. Ich denke auch wir wollen zur rechten Zeit noch fertig werden.

Ich will nun alles möglichst zu ordnen und einzuleiten suchen und sobald als möglich wieder zu Ihnen hinüber kommen, denn mich verlangt gar sehr auf dem Wege den wir einmal eingeschlagen mit Ihnen fortzuschreiten. Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre liebe Frau und gedenken mein.

G.

H 486 | S 480 | B 481

489. An Goethe

Jena, den 13. Juli 1798

Seit gestern und heute bin ich durch meine Krämpfe, die sich wieder geregt und mir den Schlaf geraubt haben, ganz in Unthätigkeit gesetzt worden und kann Ihnen dießmal auch nur einen Gruß sagen. Dafür sende ich das Gedicht von Gries, ob Sie diesem Product vielleicht etwas abgewinnen können. Sonst hat sich noch ein leidlicher Mensch gemeldet, von dem ich allenfalls etwas aufnehmen kann.

Ich sehne mich sehr nach Ihrer Zurückkunft. Es ist mir und meiner Frau ganz ungewohnt, daß wir so lange nichts von Ihnen hörten. Leben Sie recht wohl. Nächstens mehr.

Sch.

H 485 | S 479 | B 480

488. An Goethe

Jena, den 11. Juli 1798

Ich begleite die Magnetica, welche Geist abholt, mit einigen Zeilen, um Ihnen unsre herzlichsten Grüße und Wünsche zu sagen. Diese Störungen sind freilich sehr fatal; aber in sofern sie die poetischen Geburten bei Ihnen retardiren, so können Sie vielleicht eine desto raschere und reifere Entbindung veranlassen und den Spätsommer von 96 wiederholen, der mir immer unvergeßlich bleiben wird.

Ich werde unterdessen die lyrische Stimmung in mir zu nähren und zu benutzen suchen und hoffe, wenn Sie kommen, den Anfang endlich mit einem eignen Beitrag gemacht zu haben.

Geist schickte mir so eben ein mächtig großes Gedicht aus Dresden, das mir halb so groß noch einmal so lieb wäre.

Heute wird wahrscheinlich mein Gartenhäuschen gerichtet, welches mir den Nachmittag wohl nehmen wird; denn so etwas ist für mich eine neue Erfahrung der ich nicht widerstehen kann.

Leben Sie recht wohl. Bleiben Sie so kurze Zeit weg als möglich. Meine Frau grüßt auf’s schönste.

Sch.

H 484 | S 478 | B 479

487. An Schiller

Weimar, den 30. Juni 1798

Ihr Schreiben an Humboldt ist zwar recht schön und gut, doch wird es dem Freunde nicht ganz erquicklich seyn, denn es drückt nur allzusehr aus: daß diese Arbeit nicht ganz in unsere gegenwärtigen Umstände eingreifen konnte. Sie haben einen recht wichtigen Punct berührt: die Schwierigkeit im Praktischen etwas vom Theoretischen zu nutzen. Ich glaube wirklich daß zwischen beiden, sobald man sie getrennt ansieht, kein Verbindungsmittel statt finde, und daß sie nur in sofern verbunden sind, als sie von Haus aus verbunden wirken, welches bei dem Genie von jeder Art statt findet.

Ich stehe gegenwärtig in eben dem Fall mit dem Naturphilosophen, die von oben herunter, und mit den Naturforschern, die von unten hinauf leiten wollen. Ich wenigstens finde mein Heil nur in der Anschauung, die in der Mitte steht. Diese Tage bin ich hierüber auf eigne Gedanken gekommen die ich mittheilen will, sobald wir uns sprechen. Sie sollen, hoff’ ich, besonders regulativ, vortheilhaft seyn und Gelegenheit geben das Feld der Physik auf eigne Manier geschwind zu übersehen. Wir wollen ein Kapitel nach dem andern duchgehen.

Mich verlangt recht sehr wieder bei Ihnen zu seyn und mich mit solchen Dingen zu beschäftigen die ohne mich nicht existiren würden; bisher habe ich nur gethan und veranlaßt was recht gut auch ohne mich hätte werden können.

Die Cautel wegen Schlegels finde ich ganz den Verhältnissen gemäß, wir wollen nun das Weitere abwarten.

Das Beste was mir indessen zu Theil geworden ist, möchte wohl die nähere Motivirung der ersten Gesänge des Tells seyn, so wie die klärere Idee wie ich dieses Gedicht in Absicht auf Behandlung und Ton ganz von dem ersten trennen kann, wobei unser Freund Humboldt gelobt werden soll, daß er mir durch die ausführliche Darlegung der Eigenschaften des ersten das weite Feld deutlich gezeigt hat, in welches hinein in das zweite spielen kann. Ich hoffe daß Sie meine Vorsätze billigen werden.

Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau. Wahrscheinlich bin ich Mittwoch Abend wieder bei Ihnen.

G.

Hierbei das älteste was mir von Gedichten übrig geblieben ist. Völlig 30 Jahre alt.

H 482 | S 477 | B 478