288. An Goethe

[Jena, den 1. März 1797]

Es freut mich herzlich, daß Loders Kräuterthee, so übel er auch schmeckt, einen poetischen Humor und Lust zum Heldengedicht bei Ihnen geweckt hat. Ich bin, obgleich von keinem Katarrh gehindert, seit gestern nicht viel avancirt, weil mein Schlaf wieder sehr in Unordnung gewesen. Doch hoffe ich meine zwei Piccolomini’s heute noch eine Strecke vorwärts zu bringen.

Haben Sie doch die Güte Beiliegendes anzusehen und zu überlegen ob wir die Sache quaestionis nicht in Weimar beschleunigen, und allenfallsigen Obstakeln vorbeugen können? Es liegt mir gar zu viel an der Sache, und daß sie auch bald entscheiden werde. Vielleicht hat Voigt dabei zu sagen, und da sind Sie wohl so gut, und schreiben ihm ein Wörtchen.

Erholen Sie sich sobald möglich, daß wir morgen wieder zusammen seyn können.

Sch.

H 286 | S 288 | B 288

287. An Schiller

Jena, den 1. März 1797

Der Katarrh ist zwar auf dem Abmarsche, doch soll ich noch die Stube hüten und die Gewohnheit fängt an mir diesen Aufenthalt erträglich zu machen.

Nachdem die Insecten mich an den vergangenen Tagen beschäftigt, so habe ich heute den Muth gefaßt den vierten Gesang völlig in Ordnung zu bringen, und es ist mir gelungen; ich schöpfe daraus einige Hoffnung für die Folge. Leben Sie recht wohl und seyen Sie von Ihrer Seite fleißig und sagen Sie der lieben Frau, daß ich für meine Theescheue durch den abscheulichsten Kräuterthee bestraft werde.

G.

H 285 | S 287 | B 287

286. An Goethe

[Jena, den 27. Februar 1797]

Wir beklagen sie herzlich, daß Sie etwas so ganz Anderes gefunden haben, als Sie suchten. In solchen Umständen wünschte ich Ihnen meine Fertigkeit im Übelbefinden, so würde Ihnen dieser Zustand weniger unerträglich seyn. Es ist übrigens kein groß Compliment für die Elementarphilosophie, daß nur der Katarrh Sie zu einem so gründlichen Metaphysicus macht. Vielleicht kommen Sie in diesem Zustand der Erniedrigung und Zerknirschung dazu, Fichtens Aufsatz im Niethammerischen Journal zu durchlesen; ich habe ihn heute angesehen und mit vielem Interesse gelesen.

Können wir Ihnen eine Bequemlichkeit verschaffen, so sagen Sie es uns ja. Schlafen Sie recht wohl; ich hoffe, wenn Sie sich morgen noch ruhig halten und das Wetter gut bleibt, so sehen wir Sie übermorgen.

Sch.

H 284 | S 286 | B 286

285. An Schiller

[Jena,] den 27. Februar 1797

Aus meinen betrübten Umständen muß ich Ihnen noch einen guten Abend wünschen. Ich bin wirklich mit Hausarrest belegt, sitze am warmen Ofen und friere von innen heraus, der Kopf ist mir eingenommen und meine arme Intelligenz wäre nicht im Stande, durch einen freien Denkactus, den einfachsten Wurm zu produciren, vielmehr muß sie dem Salmiak und dem Liquiriziensaft, als Dingen, die an sich den häßlichsten Geschmack haben, wider ihren Willen die Existenz zugestehn. Wir wollen hoffen daß wir aus der Erniedrigung dieser realen Bedrängnisse, zur Herrlichkeit poetischer Darstellungen nächstens gelangen werden, und glauben dieß um so sicherer als uns die Wunder der stetigen Naturwirkungen bekannt sind. Leben Sie recht wohl. Hofrath Loder vertröstet mich auf einige Tage Geduld.

G.

H 283 | S 285 | B 285

[284a. An Schiller]

Weimar, 19. Februrar 1797

[Fehlt.]

Vgl. S S. 881

284. An Schiller

Weimar, am 18. Februar 1797

Ich wage es endlich Ihnen die drei ersten Gesänge des epischen Gedichtes zu schicken; haben Sie die Güte es mit Aufmerksamkeit durchzusehen und theilen Sie mir Ihre Bemerkungen mit. Herrn von Humboldt bitte ich gleichfalls um diesen Freundschaftsdienst. Geben Sie beide das Manuscript nicht aus der Hand und lassen Sie mich es bald wieder haben. Ich bin jetzt an dem vierten Gesang und hoffe mit diesem wenigstens auch bald im Reinen zu seyn.

Ihrem Herrn Schwager wollte ich mein Gartenhaus bis Ostern, aber freilich nur bis dahin, gern überlassen; doch würde es nur als die letzte Ausflucht zu empfehlen seyn: denn es würde doch viel Umstände machen es für die jetzige Jahrszeit in Stand zu setzen, denn es ist kein Ofen darin, und Möbel könnte ich auch nicht geben. Allein das ganze Germarische Haus ist leer und die Fräulein, die ich so eben fragen lasse, will es im Ganzen oder zum theilweise auf sechs Wochen vermiethen, auch wohl Meubles dazu geben.

Bei dem großen Drange aber, der hier nach Quartieren ist, stehe ich nicht dafür daß diese Gelegenheit nur eine Woche offen bleibt. Sie müßten mir daher durch einen Boten anzeigen wie viel Raum man verlangt; und mir etwa zugleich melden, wer bisher Ihres Herrn Schwagers Angelegenheiten besorgt hat, damit man sich mit ihm bereden könne.

Meyer grüßt auf’s beste und hat beiliegendes sehr artiges Titelkupfer geschickt, das aber freilich in die Hände eines sehr guten Kupferstechers fallen sollte, worüber wir uns noch bereden wollen.

Der heutige Oberon fordert mich zur Probe; das nächstemal mehr.

G.

H 282 | S 284 | B 284

283. An Goethe

Jena, den 17. Februar 1797

Ich wünsche daß Sie neulich wohl mögen angekommen seyn. Ihre Erscheinung war so kurz, ich habe mein Herz gar nicht ausleeren können. Aber es ist wirklich nothwendig, daß man einander, wenn es nicht auf länger seyn kann, manchmal nur auf einige Stunden sieht, um sich nicht fremder zu werden.

Jetzt wird meine Sehnsucht, Luft und Lebensart zu verändern, laut und so dringend, daß ich es kaum mehr aushalten kann. Wenn ich mein Gartenhaus einmal besitze und keine große Kälte mehr nachkommt, so mache ich mich in vier Wochen hinaus. Eher komme ich auch mit meiner Arbeit nicht recht vorwärts, denn es ist mir, als könnte ich in diesen verwünschten vier Wänden gar nichts hervorbringen.

Mein Schwager denkt mit Anfang des März zu kommen. Er befindet sich aber wegen seiner Wohnung in einiger Verlegenheit, wiel diese erst nach Ostern frei wird, und wünschte doch gleich mit seiner Frau und dem Kinde zu kommen. Dürfte ich ihm in dem äußersten Fall, daß er kein Logis bis dahin finden könnte, wo das von ihm gemiethete Stitzerische frei wird, Hoffnung machen, daß Sie ihm Ihr Gartenhaus auf die paar Wochen überlassen wollen? Ich würde ihm rathen, meine Schwägerin so lange hieher ziehen zu lassen, aber da kommt unglücklicherweise die Blatterninoculation in meinem und Humboldt’s Hause dazwischen, welche in drei, vier Wochen vor sich gehen soll, und meine Schwägerin will ihr Kind jetzt nicht inoculiren lassen. Ich weiß also keinen andern Rath, und nehme darum mein Zuflucht zu Ihnen.

Wünschen Sie Ihren Almanach nicht auf dem Papier gedruckt zu sehen, worauf ich hier schreibe? Es ist viel wohlfeiler als Velin und mir kommt es wirklich eben so schön vor. Das Buch kommt uhngefähr auf 13 Gr., da das Velin 18 Gr. kostet. Hermann und Dorothea müßten sich prächtig darauf ausnehmen.

Leben Sie recht wohl. Sehen Sie daß Sie sich sobald möglich von Ihren Geschäften los machen und Ihr Werk vollenden.

Sch.

H 281 | S 283 | B 283

282. An Schiller

Weimar, den 11. Februar 1797

Die Horen habe ich erhalten und danke für deren schnelle Sendung. Morgen bin ich bei Ihnen und wir können uns über manches ausreden. Morgen Abend gehe ich zwar weg, hoffe aber über acht Tage auf längere Zeit wieder zu kommen.

Dem verwünschten Nicolai konnte nichts erwünschter seyn als daß er nur wieder einmal angegriffen wurde; bei ihm ist immer bonus odor ex re qualibet, und das Geld das ihm der Band einbringt ist ihm gar nicht zuwider. Überhaupt können die Herren uns sämmtlich Dank wissen, daß wir ihnen Gelegenheit geben einige Bogen zu füllen und sich bezahlen zu lassen, ohne großen Aufwand von productiver Kraft.

Lassen Sie ja den Garten nicht weg, ich bin dem Local sehr günstig; es ist außer der Anmuth auch noch eine sehr gesunde Stelle. Leben Sie recht wohl, ich freue mich auf morgen. Ich esse mit Ihnen, aber allein. Geheimer Rath Voigt, der mit mir kommt, wird bei Hufelands einkehren und Nachmittags verschränken wir unsere Besuche.

G.

H 280 | S 282 | B 282

281. An Goethe

Jena, den 9. [recte: 10.] Februar 1797

Es ist mir dieser Tage der Brief von Meyern wieder in die Hände gefallen, worin er den ersten Theil seiner Reise bis Nürnberg beschreibt. Dieser Brief gefällt mir gar wohl, und wenn sich noch drei, vier andere daran anschließen ließen, so wäre es ein angenehmer Beitrag für die Horen und die paar Louisd’or könnte Meyer auch mitnehmen. Ich lege Ihnen die Copie hier bei.

Von Nicolai in Berlin ist ein Buch gegen die Xenien erschienen; ich habe es aber noch nicht zu Gesichte bekommen.

Ich habe jetzt ein zweites Gebot auf meinen Schmidtischen Garten gethan, 1150 Rthlr., und hoffe ihn um 1200 Rthlr. zu bekommen. Es ist vorderhand zwar nur ein leichtes Sommerhaus, und wird auch wohl noch ein hundert Thaler kosten, um nur im Sommer bewohnbar zu seyn; aber diese Verbesserung meiner Existenz ist mir alles werth. Wenn ich erst im Besitz bin, und Sie hier sind, dann wollen wir Sie bitten, uns zu rathen und zu helfen.

Alles Weitere mündlich. Ich hoffe Sie übermorgen gewiß zu sehen, schicke aber doch auf jeden Fall die Horen heute mit. Inlage an Herdern bitte abgeben zu lassen.

Der Auftrag an meinen Schwager ist besorgt.

Leben Sie recht wohl.

Sch.

H 279 | S 281 | B 281

280. An Schiller

Weimar, den 8. Februar 1797

Ich freue mich daß Sie in Ihrem abgesonderten Wesen die ästhetischen Krisen abwarten können; ich bin wie ein Ball den eine Stunde der andern zuwirft. In den Frühstunden suche ich die letzte Lieferung Cellini zu bearbeiten. Der Guß des Perseus ist fürwahr einer von den lichten Punkten, so wie bei der ganzen Arbeit an der Statue bis zuletzt Naturell, Kunst, Handwerk, Leidenschaft und Zufall alles durcheinander wirkt und dadurch das Kunstwerk gleichsam zum Naturprodukt macht.

Über die Metamorphose der Insecten gelingen mir auch gegenwärtig gute Bemerkungen. Die Raupen die sich letzten September in Jena verpuppten, erscheinen, weil ich sie den Winter in der warmen Stube hielt, nun schon nach und nach als Schmetterlinge und ich suche sie auf dem Wege zu dieser neuen Verwandlung zu ertappen. Wenn ich meine Beobachtungen nur noch ein Jahr fortsetze, so werde ich einen ziemlichen Raum durchlaufen haben; denn ich komme nun schon oft wieder auf ganz bekannte Plätze.

Ich wünsche daß der Handle mit dem Gartenhaus gelingen möge. Wenn Sie etwas daran zu bauen haben, so steht Ihnen mein Gutachten zu Diensten.

Die Wielandische Äußerung habe ich nicht gesehen noch nichts davon gehört; es läßt sich vermuthen daß er in der heilsamen Mittelstraße geblieben ist. Leben Sie recht wohl; noch hoffe ich Sonntags zu kommen; Sonnabend Abend erfahren Sie die Gewißheit.

G.

H 278 | S 280 | B 280

279. An Goethe

Jena, den 7. Februar 1797

Sie haben mir in diesen letzten Botentagen einen solchen Reichthum von Sachen zugeschickt, daß ich mit dem Besichtigen noch gar nicht habe fertig werden können, besonders da mir von der einen Seite ein Garten, den ich im Handel habe, und von der andern eine Liebescene in meinem zweiten Act den Kopf nach sehr verschiedenen Richtungen bewegen.

Indessen habe ich mich gleich an das Maler-Müller’sche Scriptum gemacht, welches, zwar in einer schwerfälligen und herben Sprache, sehr viel Vortreffliches enthält und, nach den gehörigen Abänderungen im Styl, einen vorzüglich guten Beitrag zu den Horen abgeben wird.

In dem neuen Stück Cellini habe ich mich über den Guß des Perseus recht von Herzen erlustigt. Dei Belagerung von Troja oder von Mantua kann keine größere Begebenheit seyn, und nicht pathetischer erzählt werden als diese Geschichte.

Über das Epos, welches Sie mir mitgetheilt, werde ich Ihnen mehr sagen können, wenn Sie kommen. Was ich bis jetzt darin gelesen, bestätigt mir sehr Ihr Urtheil. Es ist das Product einer lebhaften und vielbeweglichen Phantasie, aber diese Beweglichkeit geht auch so sehr bis zur Unart, daß schlechterdings alles schwimmt und davonfließt, ohne daß man etwas von bleibender Gestalt darin fassen könnte. Bei diesem durchaus herrschenden Charakter der bloßen gefälligen Mannigfaltigkeit und des anmuthigen Spiels würde ich auf einen weiblichen Verfasser gefallen sein, wenn es mir zufällig in die Hände gerathen wäre. Es ist reich an Stoff, und scheint doch äußerst wenig Gehalt zu haben. Nun glaube ich aber, daß das was ich Gehalt nenne, allein der Form fähig werden kann; was ich hier Stoff nenne, scheint mir schwer oder niemals damit verträglich zu seyn.

Ohne Zweifel haben Sie jetzt auch die Wielandische Oration gegen die Xenien gelesen. Was sagen Sie dazu? Es fehlt nichts, als daß sie im Reichsanzeiger stünde.

Von meiner Arbeit und Stimmung dazu kann ich jetzt gerade wenig sagen, da ich in der Krise bin, und mein bestes, feinstes Wesen zusammen nehme, um sie gut zu überstehen. Insofern ist mir’s lieb, daß die Ursache die Sie abhält hieher zu kommen, gerade diesen Monat trifft, so ich mich am meisten nöthig habe zu isoliren.

Soll ich Ihre Elegie nun etwa zum Druck abschicken, daß sie am Anfange Aprils ins Publicum kommt?

Zu dem Mährchen wünsche ich bald eine recht günstige Stimmung. Leben Sie recht wohl; wir freuen uns, Sie auf den Sonntag zu sehen.

Sch.

H 277 | S 279 | B 279

278. An Schiller

Weimar, den 4. Februar 1797

Nach einer sehr staubigen und gedrängten Redoute kann ich Ihnen nur wenige Worte sagen.

Erstlich sende ich hier das Opus des Maler Müllers abgeschrieben; ich habe es nicht wieder durchsehen können und lege daher auch das Original bei. Da Sie es wohl nicht sogleich brauchen, so conferiren wir worher nochmals drüber und Sie überlegen ja wohl ob am Style irgend etwas zu thun ist. Leider vergleicht er sich ganz richtig mit einem Geist der nothgedrungen spricht, nur äußert er sich nicht so leicht und lustig wie Ariel. Vieles, werden Sie finden, ist ganz aus unserm Sinne geschrieben, und auch unvollkommen, wie sie ist, bleibt eine solche öffentliche, ungesuchte und unvorbereitete Beistimmung schätzbar. Am Ende ist’s und bleibt’s denn doch ein Stein, den wir in des Nachbars Garten werfen; wenn er auch ein bißchen aufpatscht, was hat’s zu bedeuten. Selbst wenn wirklich etwas an Fernow ist, muß es durch Opposition ausgebildet werden, denn seine deutsche Subjectivität spricht nur immer entscheidender und alberner von Rom her.

Zweitens sende ich Ihnen einen Gesang eines wunderlichen Gedichtes. Da ich den Verfasser kenne, so macht mich das im Urtheil irre. Was sagen Sie? glauben Sie daß er poetisch Talent hat? Es ist eine gewisse freie anmuthige Weltansicht drin und eine hübsche Jugend; aber freilich alles nur Stoff, und wie mich dünkt keine Spur von einer zusammenfassenden Form. Gesetzt man hätte eine poetische Schule, wo man die Hauptvortheile und Erfordernisse der Dichtkunst, wenigstens dem Verstande eines solchen jungen Mannes, klar machen könnte, was glaubten Sie, daß aus einem solchen Naturell gezogen werden könnte? Jetzt weiß ich ihm keinen Rath zu geben als daß er kleinere Sachen machen soll.

Meine Aussicht auf längere Zeit bei Ihnen zu bleiben, verschiebt sich abermals weiter hinaus. Die Anstellung der Jagemann und ihre Einleitung auf’s Theater macht meine Gegenwart höchst nöthig; doch soll mich nicht leicht etwas abhalten Sonntag den 12. zu Ihnen zu kommen; wir haben Vollmond und brauchen bei der Rückkehr das zerrissene Mühlthal nicht zu fürchten.

Den Vieilleville will ich schicken, denn ich darf nichts Neues unternehmen. Vielleicht bildet sich die Idee zu einem Mährchen, die mir gekommen ist, weiter aus. Es ist nur gar zu verständig und verständlich, drum will mir’s nicht recht behagen; kann ich aber das Schiffchen auf dem Ocean der Imagination recht herumjagen, so gibt es doch vielleicht eine leidliche Composition, die den Leuten besser gefällt als wenn sie besser wäre. Das Mährchen mit dem Weibchen im Kasten lacht mich manchmal auch wieder an, es will aber noch nicht recht reif werden.

Übrigens sind jetzt alle meine Wünsche auf die Vollendung des Gedichtes gerichtet und ich muß meine Gedanken mit Gewalt davon zurückhalten, damit mir das Detail nicht in Augenblicken zu deutlich werde, wo ich es nicht ausführen kann. Leben Sie recht wohl und lassen mich etwas von Ihrer Stimmung und Ihren Arbeiten wissen.

G.

H 276 | S 278 | B 278

277. An Goethe

Jena, den 2. Februar 1797

Mit der gestrigen Sendung haben Sie mich recht erquickt, denn ich bin noch nie so in der Noth gewesen, die Horen flott zu erhalten als jetzt. Die Arbeit vom Maler Müller soll mir sehr leib seyn; er ist sicher eine unerwartete und neue Figur, und es wird uns auch sehr helfen, wenn ein Streit in den Horen eröffnet wird. Die Lenziana, so weit ich bis jetzt hineingesehen, enthalten sehr tolles Zeug, aber die Wiedererscheinung dieser Empfindungsweise zu jetzigen Zeiten wird sicherlich nicht ohne Interesse seyn, besonders da der Tod und das unglückliche Leben des Verfassers allen Neid ausgelöscht hat, und diese Fragmente immer einen biographischen und pathologischen Werth haben müssen.

Zu einem Nachfolger des Cellini wäre Vieilleville wohl sehr brauchbar, nur müßte freilich nicht sowohl übersetzt als ausgezogen werden. Wenn Sie selbst sich nicht daran machen wollen und auch nichts anders Massegebendes wissen, so will ich mich an den Vieilleville machen und bitte mir ihn zu dem Ende zu senden.

Niethammer, der diesen Brief mitnimmt, ist in der Angelegenheit nach Weimar gereist, sich beim Geh. Rath Voigt wegen einer außerordentlichen Professur in der Theologie zu melden. Es ist nämlich ein anderer philosophischer Professor, Namens Lange, darum eingekommen, und Niethammers ganzer Lebensplan ist davon abhängig, daß dieser Lange, der viel neuer ist als er, ihm nicht zuvorkomme. Niethammer wird Sie bitten, Ihnen seine Angelegenheit vortragen zu dürfen, und Sie werden die arme Philosophie nicht stecken lassen. Er ist nicht so unbescheiden, Ihnen zur Last fallen zu wollen, er wünscht bloß daß Sie dem Geh. Rath Voigt, und wenn es Gelegenheit dazu gäbe, dem Herzog selbst davon sagen möchten, daß Sie ihn kennen und einer solchen Beförderung nicht für unwürdig halten.

Daß mein Plänchen auf Ihr Gartenhaus unausführbar ist, beklage ich sehr. Ich entschließe mich ungern hier sitzen zu bleiben; denn wenn Humboldt erst fort ist, so bin ich schlechterdings ganz allein, und auch meine Frau ist ohne Gesellschaft. Ich will mich doch noch erkundigen, ob das Gartenhaus des Geh. Rath Schmidt nicht verkäuflich ist; denn wäre es gleich in seinem jetzigen Zustand nicht bewohnbar, so könnte ich es doch, wenn es mein eigen wäre, in Stand richten lassen, welches ich auch bei dem Professor Schmidtischen hier thun müßte.

Leben Sie auf’s beste wohl und kommen Sie ja, so bald Sie können.

Sch.

H 275 | S 277 | B 277

276. An Schiller

Weimar am 1. Februar 1797

Sie erhalten auch endlich wieder einmal einen Beitrag von mir und zwar einen ziemlich starken Heft Cellini; nun steht noch der letzte bevor, und ich wünsche daß wir alsdann wieder einen solchen Fund thun mögen. Auch einige Lenziana liegen bei. Ob und wie etwas davon zu brauchen ist, werden Sie beurtheilen. Auf alle Fälle lassen Sie diese wunderlichen Hefte liegen bis wir uns nochmals darüber besprochen haben.

Mein Gartenhaus stünde Ihnen recht sehr zu Diensten, es ist aber nur ein Sommeraufenthalt für wenig Personen. Da ich selbst so lange Zeit darin gewohnt habe, und auch Ihre Lebensweise kenne, so darf ich mit Gewißheit sagen, daß Sie darin nicht hausen können, um so mehr als ich Waschküche und Holzstall wegbrechen lassen, die einer etwas größeren Haushaltung völlig unentbehrlich sind. Es kommen noch mehr Umstände dazu, die ich mündlich erzählen will.

Der zu verkaufende Garten in Jena ist wohl der Schmidtische? Wenn er wohnbar ist, sollten Sie ihn nehmen. Wäre denn einmal Ihr Herr Schwager hier eingerichtet, so könnte man auf ein freiwerdendes Quartier aufpassen und den Garten werden Sie, da die Grundstücke immer steigen, ohne Schaden wieder los. Jetzt ist ein Quartier, wie Sie es wünschen, hier auf keine Weise zu finden.

Von Rom habe ich einen wunderlichen Aufsatz erhalten, der vielleicht für die Horen brauchbar ist. Er hat den ehemals sogenannten Maler Müller zum Verfasser, und ist gegen Fernow gerichtet. In den Grundsätzen die er aufstellt hat er sehr recht, er sagt viel Gründliches, Wahres und Gutes; so ist der Aufsatz auch stellenweise gut geschrieben, hat aber im Ganzen doch etwas Unbehülfliches und in einzelnen Stellen ist der Punkt nicht recht getroffen. Ich lasse das Werkchen abschreiben und theile es alsdann mit. Da er genannt seyn will, so könnte man es wohl mit seinem Namen abdrucken lassen und am Schlusse eine Note hinzufügen, wodurch man sich in die Mitte stellte und eine Art von pro und contra eröffnete. Herr Fernow möchte alsdann im Merkur, Herr Müller in den Horen seine rechtliche Nothdurft anbringen, und man hätte dabei Gelegenheit die mancherlei Albernheiten, die Herr Fernow mit großer Freiheit im Merkur debütirt, mit wenig Worten herauszuheben. Körnern danken Sie recht vielmals für das überschickte Duett und den Catalogus; ersteres ist schon übersetzt und auf dem Theater. Leben Sie recht wohl! Mein Winterhimmel klärt sich auf und ich hoffe bald bei Ihnen zu seyn; alles geht mir gut von statten und ich wünsche Ihnen das Gleiche.

G.

H 274 | S 276 | B 276

275. An Goethe

Jena, den 31. Januar 1797

Zu der guten Acquisition für die Oper wünsche ich Glück, und was das epische Werk betrifft, so hoffe ich, Sie sind in gute Hände gefallen. Das Werk wird einen glänzenden Absatz haben, und bei solchen Schriften sollte der Verleger billig keinen Profit zu machen suchen, sondern sich mit der Ehre begnügen. Mit schlechten Büchern mag er reich werden.

Weil doch von mercantilischen Dingen die Rede ist, so lassen Sie mich Ihnen eine Idee mittheilen, die mir jetzt sehr am Herzen liegt. Ich bin jetzt genöthigt, mich in der Wahl einer Wohnung zu beeilen, da ein Gartenhaus hier zu verkaufen ist, welches mir convenient wäre, wenn ich hier wohnen bleiben wollte. Da ich nothwendig auf einen Garten sehen muß, und die Gelegenheit so leicht nicht wieder kommen könnte, so müßte ich zugreifen.

Nun sind aber verschiedene überwiegende Gründe da, warum ich doch lieber in Weimar wohnen möchte, und könnte ich dort eine Wohnung von derselben Art finden, so möcht eich es wohl vorziehen. Nach den Erkundigungen, die ich habe anstellen lassen, wird dieses aber schwer halten. Da Sie neulich von Ihrem Gartenhause sprachen und meinten, es habe Raum genug, so wünschte ich zu wissen, ob Sie es vielleicht für eine längere Zeit entbehren und es mir ordentlich vermiethen könnten. Es ist ja ohnehin Schade daß es dasteht, ohne sich zu verinteressiren, und mir wäre sehr damit geholfen.

Wären Sie dazu nicht ungeneigt, und qualificirte sich das Haus in den wesentlichen Dingen dazu, Sommers und Winters bewohnt zu werden, so würden wir über die Veränderungen, die noch nöthig wären, leicht mit einander einig werden können.

Was den Garten betrifft, so stünde ich für meine Leute, daß nichts verdorben werden sollte.

Die Entfernung würde ich wenig abschrecken. Meiner Frau ist eine äußere Nothwendigkeit sich in Bewegung zu setzen sehr gesund, und was mich betrifft, so hoffe ich, nach einigen Versuchen in freier Luft, mir auch mehr zutrauen zu können.

Vor der Hand wünschte ich nun bloß zu wissen, ob Sie überhaupt nur zu einer solchen Disposition geneigt wären; das Übrige würde dann auf eine nähere Besichtigung ankommen

Leben Sie recht wohl. Alles grüßt.

Sch.

Körner wünscht zu erfahren, ob Sie die bestellten Musikalien und den Katalog der Wackerischen Auction bekommen?

H 273 | S 275 | B 275

274. An Schiller

Sonntag, den 29. Januar 1797

Wenigstens soll heute Abend Ihnen ein eilfertiges Blatt gewidmet sein damit Sie doch im allgemeinen erfahren wie es mit mir steht.

Ich habe diese Woche einige bedeutende Contracte zu Stande gebracht. Erstlich habe ich Dem. Jagemann für den hiesigen Hof und das Theater gewonnen; sie ist als Hofsängerin angenommen und wird in den Opern manchmal singen, wodurch denn unsere Bühne ein ganz neues Leben erhält. Ferner habe ich auch mein episches Gedicht verhandelt, wobei sich einige artige Begebenheiten ereignet haben.

Daß bei solchen Umständen an keine ästhetische Stimmung zu denken ist, läßt sich leicht begreifen; indessen schließen sich die Farbentafeln immer besser an einander, und in Betrachtung organischer Naturen bin ich auch nicht müßig gewesen; es leuchten mir in diesen langen Nächten ganz sonderbare Lichter, ich hoffe es ollen keine Irrwische seyn.

Ihre Farbenbeobachtung mit dem gelben Glase ist sehr artig; ich glaube daß ich diesen Fall unter ein mir schon bekanntes Phänomen subsummiren kann, doch bin ich neugierig bei Ihnen gerade den Punkt zu sehen auf welchem es beobachtet worden.

Grüßen Sie doch Humboldt vielmals, und bitten um Vergebung daß ich die auf Italien sich beziehenden Bücher noch nicht geschickt; Mittwoch soll etwas kommen.

Von Xenialischen Dingen habe ich die Zeit nichts gehört; in der Welt, in der ich lebe, klingt nichts Literarisches weder vor noch nach; der Moment des Anschlagens ist der einzige der bemerkt wird. In kurzem wird sich zeigen ob ich auf längere Zeit zu Ihnen kommen kann, oder ob ich nochmals nur eine augenblickliche Visite machen werde.

Leben Sie recht wohl; grüßen Sie was Sie umgibt und halten sich zum Wallenstein so viel nur immer möglich ist.

G.

H 272 | S 274 | B 274

273. An Goethe

Jena, den 27. Januar 1797

Da Sie jetzt mit Farben beschäftigt sind, so will ich Ihnen doch eine Beobachtung mittheilen, die ich heute mit einem gelben Glase gemacht. Ich betrachtete damit die Gegenstände vor meinem Fenster, und hielt es so weit horizontal vor das Auge, daß es mir zu gleicher Zeit die Gegenstände unter demselben zeigte, und auf seiner Fläche den blauen Himmel abspiegelte, und so erschienen mir an den hochgelb gefärbten Gegenständen alle die Stellen hellpurpurfarbig, auf welche zugleich das Bild des blauen Himmels fiel, so daß es schien, als wenn die hochgelbe Farbe, mit der blauen des Himmels vermischt, jene Purpurfarbe hervorgebracht hätte. Nach der gewöhnlichen Erfahrung hätte aus dieser Mischung Grün entstehen sollen, und so sah auch der Himmel aus, sobald ich ihn durch das Glas betrachtete, und nicht bloß darin abspiegelte. Daß aber in dem letztern Fall Purpur erschien, erklärte ich mir daraus, daß ich, bei der horizontalen Lage des Glases, durch die Breite desselben also den dickern Theil sah, der schon in’s Röthliche fiel. Denn ich durfte bloß das Glas von der einen Seite zuhalten und die Gegenstände als wie in einen Spiegel hineinfallen lassen, so war da ein reines Roth, wo vorher Gelb gewesen.

Ich sage Ihnen mit meiner Bemerkung schwerlich was Neues, indessen wünschte ich zu wissen, ob ich mir das Phänomen recht erklärte. Hinge es wirklich nur von der größern oder geringeren Verdichtung des Gelben ab, um mit dem Blauen blad Purpur bald Grün hervorzubringen, so wäre die Reciprocität dieser zwei letztern Farben noch interessanter.

Haben Sie gelesen, was Campe auf die Xenien erwiedert hat? Es geht eigentlich nur Sie an, und er hat sich auch höflich benommen, aber den Pedanten und die Waschfrau nur auf’s neue bestätigt. Was das Archiv des Geschmacks und der Genius der Zeit zu Markte gebracht, haben Sie wohl schon gelesen, auch des Wandsbecker Boten klägliche Verse.

Leben Sie recht wohl. Ich wünschte, daß Sie bald von allen lästigen Amtsgeschäften frei zur Muse zurückkehren möchten.

Sch.

H 271 | S 273 | B 273

272. An Goethe

Jena, den 24. Januar 1797

Nur zwei Worte für heute. Ich hoffte, nach Ihrem letzten Brief, Sie schon seit etlichen Tagen hier zu sehen. Die paar heitern Tage haben mich auch wieder in die Luft gelockt und mir wohlgethan. Mit der Arbeit geht’s aber jetzt langsam, weil ich gerade in der schwersten Krise bin. Das seh’ ich jetzt klar, daß ich Ihnen nicht eher etwas zeigen kann, als bis ich über alles mit mir selbst im reinen bin. Mit mir selbst können Sie mich nicht einig machen, aber mein Selbst sollen sie mir helfen mit dem Objecte übereinstimmend zu machen. Was ich Ihnen also vorlege, muß schon ein Ganzes seyn, ich meine just nicht mein ganzes Stück, sondern meine ganze Idee davon. Der radicale Unterschied unserer Naturen, in Rücksicht auf die Art, läßt überhaupt keine andere, recht wohlthätige Mittheilung zu, als wenn das Ganze sich dem Ganzen gegenüber stellt; im Einzelnen werde ich Sie zwar nicht irre machen können, weil Sie fester auf sich selbst ruhen als ich, aber Sie würden mich leicht über den Haufen rennen können. Doch davon mündlich weiter.

Kommen Sie ja recht bald. Ich lege hier das Neueste von Cellini bei, das neulich vergessen wurde.

Alles grüßt Sie. Die Humboldtin leidet doch viel bei ihren Wochen und es wird langwierig werden.
Leben Sie recht wohl.

Sch.

H 270 | S 272 | B 272

[271a. An Schiller]

Weimar, 24. oder 25. Januar 1797

[Fehlt.]

Vgl. S S. 881

271. An Schiller

Weimar, den 18. Januar 1797

Die wenigen Stunden, die ich neulich mit Ihnen zugebracht habe, haben mich auf eine Reihe von Zeit nach unserer alten Art wieder recht lüstern gemacht. Sobald ich nur einigermaßen hier verschiedenes ausgeführt und manches eingerichtet habe, bringe ich wieder eine Zeit mit Ihnen zu, die, wie ich hoffe, in mehr als Einem Sinn für uns beide fruchtbar seyn wird. Benutzen Sie ja Ihre besten Stunden, um die Tragödie weiter zu bringen, damit wir anfangen können uns zusammen darüber zu unterhalten.

Ich empfange soeben Ihren lieben Brief und läugne nicht daß mir die wunderbare Epoche in die ich eintrete, selbst sehr merkwürdig ist; ich bin darüber leider noch nicht ganz beruhigt, denn ich schleppe von der analytischen Zeit noch so vieles mit, das ich nicht los werden und kaum verarbeiten kann. Indessen bleibt mir nichts übrig als auf diesem Strom mein Fahrzeug so gut zu lenken als es nur gehen will. Was bei dieser Disposition eine Reise für Wirkung thut, habe ich schon die letzten 14 Tage gesehen; indessen läßt sich in’s Ferne und Ganze nichts voraussagen, da diese regulirte Naturkraft, sowie alle unregulirten, durch nichts in der Welt geleitet werden kann, sondern, wie sie sich selbst bilden muß, auch aus sich selbst und auf ihre eigne Weise wirkt. Es wird uns dieses Phänomen zu manchen Betrachtungen Anlaß geben.

Der versprochene Aufsatz ist so reif daß ich ihn in einer Stunde dictiren könnte, ich muß aber nothwendig vorher mit Ihnen noch über die Sache sprechen, und ich werde um so mehr eilen bald wieder bei Ihnen zu seyn. Sollte sich ein längerer Aufenthalt in Jena noch nicht möglich machen, so komme ich bald wieder auf einen Tag; solch ein kurzes Zusammensein ist immer sehr fruchtbar.

Eine Abtheilung Cellini corrigire ich gegenwärtig. Haben Sie eine Abschrift von derjenigen die im nächsten Stück erwartet wird, so schicken Sie mir solche doch.

Ich schließe für dießmal und wünsche recht wohl zu leben.

G.

H 269 | S 271 | B 271