763. An Schiller

Jena, den 25. Juli 1800

In Betrachtung der Kürze und Vergänglichkeit des menschlichen Lebens (ich fange meinen Brief wie ein Testament an) und in Ermangelung des Gefühls eigner Production, habe ich mich, gleich Dienstag Abends, als ich ankam, in die Büttnerische Bibliothek verfügt, einen Voltaire herausgeholt und den Tancred zu übersetzen angefangen. Jeden Morgen wird etwas daran gearbeitet und der übrige Tag verschleudert.

Diese Übersetzung wird uns wieder in manchem Sinne fördernd helfen. Das Stück hat sehr viel theatralisches Verdienst und wird in seiner Art gute Wirkung thun. Ich will etwa noch acht Tage hier bleiben und, wenn mich der Genius nicht auf etwas anders führt, so werde ich gewiß mit zwei Drittheilen fertig. Übrigens habe ich noch viele Menschen gesehen und mich einigemale ganz wohl unterhalten.

Schreiben Sie mir auch, was Ihrer Thätigkeit gelungen ist und wann Sie nach Lauchstedt zu gehen gedenken?

Grüßen Sie Ihre liebe Frau und gedenken Sie mein.

G.

H 751 | S 753 | B 755

762. An Goethe

[Weimar, den 22. Juli 1800.]

Ich bin ganz verwundert und erstaunt über den schnellen Entschluß, den Sie gefaßt, und ob ich gleich recht viel Gutes davon für Ihre Arbeiten hoffe, so ist mir doch Ihre Abwesenheit nicht erfreulich. Mögen Ihnen die alten Wände im Schloß viel Glück bringen, und mögen Sie sich dort der guten und bösen Tage erinnern, die wir zu Jena miteinander lebten.

Ich hoffe, bald gute Nachrichten von Ihren Sukzessen zu erhalten, und werde nicht ermangeln Sie von meinen Zuständen zu benachrichtigen. Meine Frau empfiehlt sich Ihnen auch aufs beste.

Leben Sie recht wohl.

Sch.

H – | S 752 | B 754

Nicht bei H, zitiert nach S

761. An Schiller

Weimar, den 22. Juli 1800

Ich habe mich kurz und gut entschlossen nach Tische hinüber nach Jena zu gehen, weil ich ein für allemal hier zu keiner Art von Besinnung gelange.

Leben Sie recht wohl und rücken Sie in allem recht lebhaft vor, auf den Sonnabend hören sie von mir.

G.

H 750 | S 750 | B 753

760. An Schiller

Weimar, den 27. Juni 1800

Ich entschließe mich gleich meinen ersten Entwurf Ihnen zur Beurtheilung zu übergehen. Da es nur drum zu thun ist eine Arbeit los zu werden, so scheinen mir diese Bogen, wie ich sie wieder durchlese, zu ihrem Endzwec, beinahe schon gut genug; doch erwarte ich Ihr Urtheil. Wenn ich von Hof komme und erst weiß wie es mit mir heute Abend steht, so hören Sie noch von mir; vielleicht frage ich bei Ihnen an ehe ich nach Hause gehe.

G.

H 749 | S 749 | B 751

759. An Schiller

Weimar, den 24. Juni 1800

Indem ich bei Ihnen anfrage ob Sie heute Abend etwa mit nach Tieffurt fahren wollen, ersuche ich Sie, mir das Schlegel’sche Gedicht zurück zu schicken.

Vielleicht fragen Sie bei dieser Gelegenheit Ihre liebe Frau, ob sie von meinem kleinern Stück der jüngern Zeit in Versen einige Nachricht geben kann.

Ich bin in der Stadt. Sie besuchen mich ja wohl, und wir fahren alsdann wie es uns beliebt.

G.

H 748 | S 748 | B 750

758. An Goethe

[Weimar, vermutlich Mitte Juni 1800]

Ich bin von der Unruh dieser Tage, von der Hitze und einer schlechten Nacht so mitgenommen, daß ich heute das Zimmer hüten und mich recht zu erholen suchen will. Morgen Abend hoffe ich desto frischer und ausgeruhter zu Ihnen zu kommen. Leben Sie also wohl für heute, und mögen Ihnen gute Gedanken Gesellschaft leisten.

Sch.

H – | S 747 | B 752

* Nicht bei H, zitiert nach S.

757. An Schiller

Weimar, den 15. Juni 1800

Man hatte alle Ursache mit der Ausführung sehr zufrieden zu seyn, sowie das Stück mich außerordentlich erfreut hat. Mögen Sie heute Abend um sechs Uhr mich besuchen, so werden Sie mir ein großes Vergnügen machen. Diesen Mittag bin ich bei Hofe und komme schwerlich früher nach Hause.

G.

H 747 | S 746 | B 749

756. An Goethe

[Weimar, den 15. Juni 1800]

Ich bin sehr begierig zu vernehmen, wie Sie mit der gestrigen Vorstellung zufrieden sind und frage also an, wann ich Sie heute sehen kann. Unsere Schauspieler verdienen gewiß vieles Lob, und wenn Sie auch dieser Meinung sind, so sagen Sie ihnen wohl etwas darüber.

Sch.

H 738 | S 745 | B 748

755. An Schiller

[Weimar, den 12. Juni 1800]

Der kühne Gedanke eine Communion auf’s Theater zu bringen, ist schon ruchbar, geworden und ich werde veranlaßt Sie zu ersuchen die Function zu umgehen. Ich darf jetzt bekennen daß es mir selbst dabei nicht wohl zu Muthe war, nun da man schon im voraus dagegen protestirt, ist es in doppelter Betrachtung nicht räthlich. Mögen Sie mir vielleicht den fünften Act mittheilen, und mich diesen Morgen nach zehn Uhr besuchen? damit wir die Sache besprechen könnten. Vielleicht gingen Sie auch einmal das Schloß zu sehen? wozu es heut ein schöner Tag ist.

G.

H 746 | S 744 | B 747

754. An Goethe

[Weimar, den 23. Mai 1800.]

Es thut mir leid, daß Sie unsrer Leseprobe nicht beiwohnen können, ich werde Ihnen morgen einen treuen Rapport davon erstatten.

Bei der Abendvorlesung der Maria wünschte ich Sie eigentlich nicht anwesend, weil ich Ihnen die ganze zweite Hälfte des Stücks, die Sie noch nicht kennen, lieber auf einmal vorlegen möchte, und bei dem verzettelten Lesen das Beste verloren geht.

Leben Sie indessen recht wohl. Ich wünsche gute Faustische Erscheinungen.

Sch.

H 737 | S 743 | B 746

753. An Goethe

Weimar, den 9. Mai 1800

Ich erfahre in diesem Augenblick, daß jemand aus Ihrem Hause nach Leipzig abgeht, und benütze diese Gelegenheit, Ihnen nur ein paar Worte zum Gruß zu schreiben. Ihre Abwesenheit empfinde ich sehr, und doppelt empfinde ich sie, weil ich mich jetzt nicht in meiner Arbeit verlieren kann, denn die Proben von Macbeth zerschneiden mir die Zeit gewaltig, und zum fünften Act der Marie habe ich nicht kommen können, auch nicht wollen, weil ich dazu einer eigenen Stimmung bedarf.

Wie man mir sagt, so kommen sie erst auf den Mittwoch zurück. Wir können Sie also gleich mit dem Macbeth empfangen, denn dieser ist bis dahin verlegt worden.

Meine Gesundheit hat sich immer recht wohl gehalten, ich gehe mit Meyern viel spazieren.

Meine Kleine ist seit fünf Tagen inoculirt worden, und wir erwarten nun mit Furcht und Hoffnung den Ausbruch der Blattern.

Ich muß eilen, weil man im Augenblick abreist.

Leben Sie recht wohl, kommen Sie gesund zurück. Leider werde ich Sie nur Einen Tag hier sehen, und dann meine poetische Einsamkeit beziehen.

Sch.

Inlage bitte ich an Cotta zu besorgen. Er wird mit etwas Geld schicken, und ich bitte Sie, wenn es Sie nicht beschwert, es mir mitzubringen.

H 745 | S 742 | B 745

752. An Goethe

Weimar, den 5. Mai 1800

Haben Sie Dank für Ihren lieben Brief, es war mir gar ungewohnt, so lange nichts von Ihnen zu sehen und zu hören. So sehr ich Sie aber auch hier vermisse, so freut mich doch um Ihretwillen die Zerstreuung die Sie sich nach dem langen Winter machen, und die Sie gewiß heiterer zurückführen wird. In Ihrer Abwesenheit habe ich mich, was das physische betrifft, recht gut gehalten, ich bin viel im Freien gewesen, und fange nachgerade an, mich wie einen Gesunden zu betrachten. Sonst habe ich mich in diesen Tagen damit beschäftigt, die vier ersten Acte der Maria für den Theaterzweck in Ordnung zu bringen, und bin auch damit fertig, so daß ich jetzt schon den fünften Akt zur Hand genommen. Von Macbeth sind unsere* Proben gewesen und ich hoffe alles Gute davon, doch wird die erste Vorstellung erst am Mittwoch über acht Tage stattfinden können.

Sie werden unterdessen Cotta schon gesprochen, und sich von seinen Schicksalen unterrichtet haben.

Die Schützische Replik auf Schellings Angriff wird Ihnen gleichfalls bekannt geworden seyn. Leider ist vorherzusehen, daß Schelling die Majorität nicht auf seiner Seite haben wird; es ist gar übel, wenn man angriffsweise verfährt, sich viele Blößen zu geben. Er ist jetzt nach Bamberg abgereist, [und wie ich höre, so ist ihm Madame Schlegel nachgezogen, die in Franken ein Bad besuchen will]**.

Man sagte mir, daß Kotzebue in einem neuen Stück, der Besuch, sich verschiedenes gegen die Propyläen herausgenommen habe. Wenn dem so ist, so hoffe ich, daß Sie den jämmerlichen Menschen seine entsetzliche Sottise werden fühlen lassen.

Von Weimar weiß ich Ihnen nicht viel zu schreiben. Ich bin unterdessen einmal bei einem Thee und Souper im Palais gewesen, wo ich ¾ Stunden lang französische Verse anhören mußte.

Ob Sie sich in Leipzig gleich nicht sehr geistreich unterhalten können, so muß Ihnen doch die Klarheit, die sie über diese irdischen Dinge haben, auch in dieser Existenz viel Vergnügen und Nutzen finden lassen.

Die Beschreibung, die Sie von dem dortigen Theater geben, zeigt eine Stadt an, und ein Publicum, das wenigstens auch keinen Anspruch auf Kunst und Kunstrichterei macht, und bloß amüsirt und gerührt seyn will. Es ist aber traurig, daß die dramatische Kunst in so schlechten Umständen sich befindet. Ich habe Obitzen meinen Macbeth angeboten, aber noch nichts von ihm gehört.

Noch habe ich vernommen, daß zwischen Friedrich Schlegel, der kürzlich hier war, und Jean Paul eine große Freundschaft sich angeknüpft, und daß auch Seckendorf mit Schlegeln sich viel eingelassen, und ihn bei sich bewirthet und geehrt habe.

Richter ist jetzt mit Herdern abgereist, um sich von diesem copuliren zu lassen.

Meine Frau grüßt Sie auf’s freundlichste. Leben Sie gesund, und kehren Sie erheitert zu uns zurück.

Sch.

H 744 | S 741 | B 744

* So H, recte: mehrere
** Nicht bei H, zitiert nach S.

751. An Schiller

Leipzig, den 4. Mai 1800

Nach meiner langen Einsamkeit macht mir der Gegensatz viel Vergnügen. Ich gedenke auch noch die nächste Woche hier zu bleiben.

So eine Messe ist wirklich die Welt in einer Nuß, wo man das Gewerb der Menschen, das auf lauter mechanischen Fertigkeiten ruht, recht klar anschaut. Im Ganzen ist übrigens so wenig was man Geist nennen möchte, daß alles vielmehr einem thierischen Kunsttrieb ähnlich sieht.

Von dem, was man eigentlich Kunst nennt,findet sich, man darf dreist sagen, in dem was der Moment producirt, keine Spur.

Von Gemälden, Kupfern und dergleichen findet sich manches Gute, aber aus vergangenen Zeiten.

Ein Porträt von einem Maler, der sich jetzt in Hamburg aufhält, das bei Bausen steht, ist von einem unglaublichen Effect; aber auch gleichsam der letzte Schaum, den der scheidende Geist in den Kunststoffen erregt. Eine Wolke für eine Juno.

In dem Theater wünschte ich Sie nur bei Einer Repräsentation. Der Naturalism und ein loses, unüberdachtes Betragen, im Ganzen wie im Einzelnen, kann nicht weiter gehen. Von Kunst und Anstand keine Spur. Eine Wiener Dame sagte sehr treffend: die Schauspieler thäten auch nicht im geringsten als wenn Zuschauer gegenwärtig wären. Bei der Recitation und Declamation der meisten bemerkt man nicht die geringste Absicht verstanden zu werden. Des Rückenwendens, nach dem Grunde Sprechens ist kein Ende, so geht’s mit der sogenannten Natur fort, bis sie bei bedeutenden Stellen gleich in die übertriebenste Manier fallen.

Dem Publicum hingegen muß ich in seiner Art Gerechtigkeit widerfahren lassen, es ist äußerst aufmerksam, man findet keine Spur von Vorliebe für einen Schauspieler, das aber auch schwer wäre. Man applaudirt öfters den Verfasser, oder vielmehr den Stoff, den er behandelt, und der Schauspieler erhält gewöhnlich nur bei’m Übertriebenen lauten Beifall. Dieß sind, wie Sie sehen, alles Symptome eines zwar unverdorbenen, aber auch ungebildeten Publicums, wie es eine Messe zusammen kehrt.

Nun leben Sie recht wohl und gedenken mein. Mündlich noch gar manches.

G.

H 743 | S 740 | B 743

750. An Schiller

Weimar, den 16. April 1800

Da sich die Weissagungen des Bakis so wunderbarer Weise bei Ihnen gefunden haben, so möchte ich fragen ob nicht auch etwa das kleine jugendliche Gesellschafts- oder Schäferstück von mir bei Ihnen zu finden ist? In welchem Fall ich es mir erbitte.

Was haben Sie heute Abend vor?

Schelling ist hier, ich konnte ihn aber nicht einladen, weil ich heute wegen häuslicher Umstände keine Gäste haben kann.

Morgen Abend sind Sie mit Ihrer lieben Frau zu einem kleinen Concert eingeladen.

Der Teufel den ich beschwöre gebärdet sich sehr wunderlich.

G.

[Bald hätte ich das Beste vergessen.

Erzeigen Sie mir doch das Vergnügen morgen Mittag bei mir zu speisen.]*

H 742 | S 739 | B 742

* Nicht bei H.

749. An Schiller

[Weimar, den 11. April 1800]

Es wäre mir erfreulich geworden, wenn Sie hätten kommen können. Es wird wieder musiziert.

Cottas Freiheit ist mir sehr angenehm. Ich habe einen Brief von ihm über Faust, den Sie mir wahrscheinlich zugezogen haben. Wofür ich aber danken muß. Denn wirklich habe ich auf diese Veranlassung das Werk heute vorgenommen und durchdacht. leben Sie recht wohl.

G.

H – | S 738 | B 741

Nicht bei H, zitiert nach S

748. An Goethe

[Weimar, den 11. April 1800]

Es ist durch einen jungen Schweizer, der von Tübingen kam, Nachricht von Cotta da. Er wurde wirklich nach Stuttgart transportirt, kam aber gleich den andern Tag wieder auf freien Fuß, um seine Geschäfte betreiben zu können, nachdem Caution für ihn geleistet worden. Er wird auch die Messe beziehen.

Leben Sie recht wohl für heute. Ich habe diesen Abend Besuch im Hause und kann deßwegen nicht selbst kommen.

Sch.

H 736 | S 737 | B 740

747. An Schiller

Weimar, den 10. April 1800

Das Telescop folgt hierbei. Es war eine Zeit, wo man den Mond nur empfinden wollte, jetzt will man ihn sehen; ich wünsche daß es recht viel Neugierige geben möge, damit wir die schönen Damen nach und nach in unser Observatorium locken.

Wenn Sie die Musik von Macbeth noch bei sich haben, so bringen Sie doch solche Nachmittag mit, sowie auch das Pförtnerlied.

Ich wünsche daß die Wirkung der gestrigen Musik diesen Morgen noch nachklingen möge.

G.

H 741 | S 736 | B 739

746. An Goethe

[Weimar, den 5. April 1800.]

Ins Schauspiel gehe ich heute auf keinen Fall. Wenn Sie aber hineingehen, so will ich vorher noch zu Ihnen kommen; zwischen drei und fünf Uhr, wenn Sie mir’s nicht absagen lassen. Morgen Mittag werde ich mich einfinden, wenn ich mich nur irgend wohl befinde.

Ich stecke jetzt ganz in meinem Geschäft, und suche, da ich eine leidliche Stimmung habe, so weit zu kommen als möglich ist.

Leben Sie recht wohl.

Sch.

H 735 | S 735 | B 738

745. An Schiller

Weimar, den 5. April 1800

Schlegel empfiehlt sich und sendet Beikommendes.

Gehen Sie in’s Schauspiel oder besuchen Sie mich vielleicht? Ihr Entschluß wird den meinen bestimmen.

Auf morgen Mittage möcht’ ich Sie einladen. Geheimerath Voigt wird wohl da seyn, vielleicht auch Wieland.

Leben Sie wohl und thätiger als ich seyn kann. Es gelingt mir keine Periode, geschweige eine Strophe.

G.

H 740 | S 734 | B 737

744. An Schiller

Weimar, den 3. April 1800

Hier der Schluß von Macbeth worin ich nur wenig angestrichen habe. sehe ich Sie denn etwa1) heute bei mir? Meine Zustände sind nicht die besten.

G.

H 739 | S 733 | B 736